Prof. Dr. Lars Opgenoorth koordiniert eine neue DFG Forschungsgruppe zur Klimaanpassung von Waldbäumen. Rund sieben Millionen Euro fließen dabei an sechs Forschungseinrichtungen.
Der schädliche Einfluss des Klimawandels auf die europäischen Wälder ist seit der Dürre 2018 weithin sichtbar. Unklar ist, welche Anpassungspotenziale die Wälder angesichts der drastischen und rasanten Umweltveränderungen haben. Eine internationale und interdisziplinäre Forschungsgruppe unter Leitung des Marburger Pflanzenökologen Prof. Dr. Lars Opgenoorth will in den nächsten acht Jahren dieser Frage nachgehen.
Dabei nehmen die Forschenden einen besonderen Blickwinkel ein: „Wie auch der Mensch, sind Pflanzen auf das enge Zusammenleben mit einer Vielzahl an Mikroorganismen und ihrer funktionellen Eigenschaften – dem sogenannten Mikrobiom – angewiesen“, erklärte Opgenoorth. „Wir wollen herausfinden, inwieweit die Interaktion zwischen Baum und Mikrobiom der Pflanze hilft, mit Trockenstress und Herbivorie zurecht zu kommen.“
Wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mitteilte, wird sie im Rahmen der D-A-CH-Zusammenarbeit gemeinsam mit dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) die Forschungsgruppe PhytOakmeter in den nächsten vier Jahren mit etwa sieben Millionen Euro fördern, wovon die Philipps-Universität als Koordinatorin rund 2,5 Millionen Euro erhält. Bei erfolgreicher Arbeit ist danach eine zweite Forschungsphase von weiteren vier Jahren vorgesehen. Neben der federführenden Universität in Marburg sind die Universitäten Freiburg und Leipzig, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) am Standort Halle, die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf in der Schweiz sowie das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) an dem Projekt beteiligt.
„Wir bringen in der Forschungsgruppe ein einzigartiges Know-how aus Ökologie, Physiologie, Genetik und Epigenetik auf der Pflanzenseite sowie Expert*innen der Mikrobiologie, der Mykorrhiza, Insekten und Nematoden auf der anderen Seite zusammen“, erläuterte Opgenoorth. Der Projektname „PhytOakmeter“ ist dabei Programm der Kooperation.
Die Eiche „engl. Oak“ und ihr Mikrobiom sollen in ihrer Reaktion auf Umweltveränderungen so gut verstanden werden, dass sie als Pflanzensensor („Phytometer“) für Klimastress im Wald gelten können. Den Forschenden kommt dabei entgegen, dass sie bei der betrachteten Stieleiche (Quercus robur L.) über einen 40 Jahre alten Klon verfügen, der sich einfach vermehren und auf einem Nährmedium heranziehen lässt. Klon bedeutet dabei, dass die Eichen genetisch identisch sind und bereits kleine Stecklinge manche Eigenschaften von erwachsenen Bäumen haben.
Die Forschenden können so herausfinden, wie stark die Rolle der Lebenspartner, des Mikrobioms bei Anpassungsleistungen sein kann. In ihren Experimenten untersucht die Forschungsgruppe die Eichensprösslinge in sogenannten „Ecotronen“ am iDiv/UFZ und der Universität Freiburg, wo sie Umweltparameter wie Hitze und Trockenstress variieren können und den Gasaustausch der Pflanzen verfolgen können. Daneben wird der Klon in den Forschungswäldern der Universitäten in Marburg und Basel sowie an zwölf Standorten zwischen Südwestfrankreich und Südfinnland untersucht.
Die Fachleute betrachten in allen Forschungsplattformen die Interaktionen des Wurzelwerks mit spezialisierten Pilzen und Wurzelnematoden. Andere untersuchen hoch oben Fraßinsekten in den Baumwipfeln.
„Wir suchen in den Daten nach Mustern und Mechanismen, wie sich Eichen auf den Klimawandel einstellen“, berichtete Koordinator Opgenoorth. „Das Projekt stärkt den exzellenten und international sichtbaren Profilbereich ,Mikrobiologie, Biodiversität und Klima‘ an der Philipps-Universität“, kommentierte der Biochemiker Prof. Dr. Gert Bange in seiner Funktion als Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität. „Es könnte ein Meilenstein für die Pflanzenwissenschaften im Allgemeinen und die Waldökologie im Speziellen werden, da hier mit der Eiche ein Modellorganismus für höhere Pflanzen etabliert wird.“
Aus ihren Ergebnissen wollen die Forschenden auch ableiten, wie bei künftigen Baumanpflanzungen der Waldbaum mit seinem Mikrobiom ideal für den Boden und zu erwartende Umweltveränderungen vorbereitet werden kann. „Denkbar wäre es zum Beispiel, den Keim- oder Sprössling des Baums gezielt mit einer Mikrobengemeinschaft zu beimpfen, die ihn robuster gegen Trockenstress macht“, erklärte Prof. Dr. Anke Becker vom Marburger Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (synmikro), die ebenfalls am Projekt beteiligt ist.
* pm: Philipps-Universität Marburg