Nächste Generation: Bewerbungen zum Schöffenamt gesucht

Zu Bewerbungen bei der Schöffenwahl 2023 ruft die Stadt Marburg auf. Interessierte können sich als ehrenamtliche Richter bewerben.
Für das verantwortungsvolle Schöffenamt können sich derzeit bundesweit Menschen zwischen 25 und 69 Jahren bewerben. Sie wirken gleichberechtigt mit Berufsrichtern an der Urteilsfindung im Gericht mit. Auch in der Stadt Marburg werden Personen gesucht, die sich für die Amtszeit 2024 bis 2028 zur Wahl stellen.
Sie nehmen eine wichtige Rolle in der deutschen Rechtsprechung ein: Jugendschöffinnen und Schöffen sind gleichberechtigt mit Berufsrichtern und werden in Strafsachen vor den deutschen Gerichten beteiligt.
Vor Gericht stehen neben den Berufsrichtern jeweils zwei Schöffinnen oder Schöffen. Für jede Verurteilung und jedes Strafmaß ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in dem Gericht erforderlich. Gegen beide Schöff*innen kann daher niemand verurteilt werden.
Schöffinnen und Schöffen sind Männer und Frauen ohne juristische Ausbildung. Sie werden für eine Amtszeit vom Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht gewählt. In diesem Halbjahr steht nun die Erstellung einer Vorschlagsliste an, die die Stadtverordnetenversammlung (StVV) beziehungsweise der Jugendhilfeausschuss verabschieden.
Die Stadtverordnetenversammlung sowie der Jugendhilfeausschuss schlagen doppelt so viele Personen vor wie gesucht werden. Aus diesen Vorschlägen wählt der Schöffenwahlausschuss beim Amtsgericht in der zweiten Jahreshälfte 2023 die Haupt- und Ersatzschöffen.
Die Stadt Marburg sucht Bewerbungen sowohl für die Schöffenwahl als auch die Jugendschöffenwahl. Wie viele Kandidierende auf den Listen stehen sollen, bestimmt der Präsident des Landgerichts.
Die endgültige Zahl wird in den kommenden Wochen bekannt gegeben. In der vergangenen Amtsperiode wurden insgesamt 70 (Jugend-)schöff*innen gewählt. Für die Bewerbung gibt es einige Voraussetzungen: Alle Bewerberinnen und Bewerber müssen deutsche Staatsangehörige sein, in Marburg wohnen und am 1. Januar 2024 mindestens 25 und höchstens 69 Jahre alt sein. Wichtig ist auch, die deutsche Sprache ausreichend zu beherrschen.
Um die Aufgaben vor den Gerichten übernehmen zu können, sollten Bewerberinnen und Bewerber über soziale Kompetenzen verfügen, Lebenserfahrung und Menschenkenntnis haben. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter müssen Beweise würdigen. Das bedeutet, sie müssen aus den vorgelegten Zeugenaussagen, Gutachten oder Urkunden die Wahrscheinlichkeit ableiten können, ob sich ein bestimmtes Geschehen – wie in der Anklage behauptet – ereignet hat oder nicht.
Das verantwortungsvolle Schöffenamt verlangt in hohem Maße Unparteilichkeit, Selbständigkeit und Reife des Urteils, aber auch geistige Beweglichkeit und – wegen des anstrengenden Sitzungsdienstes – gesundheitliche Eignung. Juristische Kenntnisse jeglicher Art sind für das Amt nicht erforderlich.
Schöffinnen und Schöffen müssen ihre Rolle im Strafverfahren kennen, über Rechte und Pflichten informiert sein und sich über die Ursachen von Kriminalität und den Sinn und Zweck von Strafe Gedanken gemacht haben. Voraussetzung ist außerdem die Bereitschaft, Zeit zu investieren, um sich über ihre Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten weiterzubilden.
Wer zum Richten über Menschen berufen ist, braucht Verantwortungsbewusstsein für den Eingriff durch das Urteil in das Leben anderer Menschen. Objektivität und Unvoreingenommenheit müssen auch in schwierigen Situationen gewahrt werden, etwa wenn der oder die Angeklagte aufgrund seines oder ihres Verhaltens beziehungsweise der vorgeworfenen Tat zutiefst unsympathisch ist oder die öffentliche Meinung bereits eine Vorverurteilung ausgesprochen hat.
In der Beratung mit den Berufsrichtern müssen Schöffinnen und Schöffen ihren Urteilsvorschlag standhaft vertreten können, ohne besserwisserisch zu sein, und sich von besseren Argumenten überzeugen lassen, ohne opportunistisch zu sein. Ihnen steht in der Hauptverhandlung das Fragerecht zu.
Sie müssen sich verständlich ausdrücken, auf den oder die Angeklagte wie andere Prozessbeteiligte eingehen können und an der Beratung argumentativ teilnehmen. Ihnen wird daher Kommunikations- und Dialogfähigkeit abverlangt.
Die Lebenserfahrung, die sie mitbringen müssen, können sie aus beruflicher Erfahrung oder gesellschaftlichem Engagement gewonnen haben. Dabei steht nicht der berufliche Erfolg im Mittelpunkt, sondern die Erfahrung, die im Umgang mit Menschen erworben wurde. Schöffinnen und Schöffen in Jugendstrafsachen sollen über besondere Erfahrung in der Jugenderziehung verfügen.
Ausgeschlossen von der Wahl sind Personen, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurden oder gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer schweren Straftat geführt wird, die zum Verlust der Übernahme von öffentlichen Ämtern führen kann. Auch hauptamtlich in oder für die Justiz Tätige (Richter*innen, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Polizeivollzugsbeamte, Bewährungshelfer, Strafvollzugsbedienstete und Religionsdiener sollen nicht zu Schöffinnen oder Schöffen gewählt werden. Wer die persönliche Verantwortung für eine mehrjährige Freiheitsstrafe, für die Versagung von Bewährung oder für einen Freispruch wegen mangelnder Beweislage nicht übernehmen kann, sollte das Schöffamt nicht anstreben.
Der Magistrat ruft alle Marburger Bürgerinnen und Bürger, die in den kommenden fünf Jahren verantwortlich in Straf- und Jugendstrafsachen mitentscheiden wollen, dazu auf, sich zu bewerben. Die Bewerbung muss den Familien- und Geburtsnamen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, den ausgeübten Beruf, die Wohnanschrift in Marburg, und für Rückfragen auch die E-Mail-Adresse und Telefonnummer enthalten sowie bei Jugendschöff*innen Angaben über die erzieherische Befähigung und Erfahrungen in der Jugenderziehung.
Eine Bewerbung für das Schöffenamt in allgemeinen Strafsachen können Interessierte bis Samstag ( 12. Mai) online unter marburg.de/schoeffenwahl einreichen. Weitere Informationen gibt es auch im Fachdienst Unterstützung kommunaler Gremien unter der E-Mail-adresse gremien@marburg-stadt.de oder der Telefonnummer 06421/201-2218.
Bewerbungen als Jugendschöffen können Interessierte bis Montag (17. April) per E-Mail an Jugendhilfeausschuss@marburg-stadt.de oder schriftlich an das Jugendamt der Universitätsstadt Marburg in der Friedrichstraße 36 einreichen. Weitere Informationen gibt es auch im Fachdienst Zentrale Jugendhilfedienste per Telefon unter 06421/201-5100.

* pm: Stadt Marburg

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