Ein Projekt für Barrierefreiheit im Mathe-Studium hat Prof. Dr. Ilka Agricola eingeworben. Die Volkswagen-Stiftung fördert „Math4VIP“ mit einer halben Million Euro.
MINT-Studiengänge sind für Studierende mit Sehbeeinträchtigung aufgrund der mathematischen Anteile eine große Herausforderung. Formeln, Diagramme und grafische Inhalte werden visuell dargestellt und sind daher nicht mit Vorlesesoftware zugänglich. Nur an den wenigsten Hochschulen gibt es professionelle Unterstützung bei der Aufbereitung dieser Materialien.
Meist sind betroffene Studierende von Assistenzen abhängig, die sie selbst anlernen müssen. Somit sind sie weitestgehend auf sich allein gestellt, was negative Auswirkungen auf ihren Studienerfolg hat.
Das zu ändern, hat sich die Marburger Mathematikerin Prof. Dr. Ilka Agricola zusammen mit dem Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien in Karlsruhe vorgenommen. Das Projekt „Math4VIP – Eine neue Dimension in der Barrierefreiheit mathematischer Lehrinhalte für sehbeeinträchtigte Studierende in den MINT-Fächern“ bringt sie diesem Ziel ein Stück näher. Die Volkswagen-Stiftung fördert das Projekt in der Förderlinie „Pioniervorhaben – Impulse für das Wissenschaftssystem“ drei Jahre lang mit einer Gesamtsumme von etwa 500.000 Euro.
Das Ziel des „Math4VIP“-Projekts ist, eine zentrale Plattform zu schaffen, die Informationen über den barrierefreien Zugang zu Mathematik und über die notwendigen Schritte zur barrierefreien Aufbereitung mathematischer Inhalte für Studierende mit Sehbeeinträchtigung bereitstellt. Dabei werden neue Standards entwickelt, Materialien entsprechend der Standards erstellt, Leitfäden verfasst und bekannt gemacht.
„An jeder einzelnen Universität studieren nur wenige Studierende mit starker Sehbehinderung, so dass man oft auf kurzfristige ad-hoc-Lösungen zurückgreift“, erklärte Projektleiterin Agricola. „Dies wollen wir ändern und so gemeinsam ein Portal schaffen, das einen echten Mehrwert im deutschen Sprachraum liefert.“
Mitglieder anderer Hochschulen können eigene Materialien hochladen und so zum Wachstum der Datenbank beitragen. Insgesamt erhalten Studierende mit Sehbeeinträchtigung aus dem deutschen Sprachraum so leichteren Zugang zu barrierefreien Materialien, unabhängig davon, an welcher Hochschule sie studieren.
Das Projekt ist eine Kooperation des Fachbereichs Mathematik und Informatik der Philipps-Universität und dem Zentrum für digitale Barrierefreiheit und Assistive Technologien des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Mit der Carl-Strehl-Schule (CSS) ist Marburg die einzige Stadt in Deutschland mit einem grundständigen Gymnasium für Schülerinnen und Schüler mit Sehbehinderung und Blindheit.
Die Volkswagen-Stiftung möchte mit diesem Förderangebot Experimentierräume für grundsätzliche Neuerungen und wesentliche Verbesserungen in Bereichen des deutschen Wissenschaftssystems schaffen. Dazu sollen vielversprechende Ideen für Pioniervorhaben aus der wissenschaftlichen Community aufgegriffen und gefördert werden.
* pm: Philipps-Universität Marburg