Morde an Behinderten: Bundestag soll T4-Opfer endlich anerkennen

Der 27. Januar ist der internationale Holocaust-Gedenktag. Anlässlich dieses Datums hat die Lebenshilfe an die mörderische „T4-Aktion“ der Nazis erinnert.
Von den Nazis ermordete Menschen mit Behinderung werden zu Opfern zweiter Klasse gemacht. Daher müssen sie endlich als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt werden. Das fordert die Lebenshilfe anlässlich des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.
Der Deutsche Bundestag muss endlich auch im Rahmen der T4-Aktion ermordete Menschen mit Behinderung offiziell als Verfolgte des Nazi-Regimes anerkennen. Das fordert mit Nachdruck die – 1958 in Marburg gegründete –
Bundesvereinigung Lebenshilfe (BVLH) anlässlich des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.
„78 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges gibt es keinen einzigen historischen Grund, den Opfern von ,Euthanasie‘ und Zwangssterilisation den Verfolgten-Status zu verweigern“, beklagte Ulla Schmidt. „Damit werden sie bis zum heutigen Tag zu Opfern zweiter Klasse gemacht.“ Die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe ist ehemalige Bundesgesundheitsministerin.
Von 1939 bis 1945 wurden in ganz Europa rund 300.000 kranke und behinderte Menschen umgebracht. Sie galten als „Ballastexistenzen“, als „Volksschädlinge“ und wurden als „lebensunwert“ aussortiert. Ihre Vernichtung wurde im Rahmen der „T4-Aktion“ systematisch geplant und kaltblütig vollzogen.
Die Abkürzung „T4“ steht für die Anschrift der Tötungszentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4. Die – von diesem Massenmord betroffenen –
Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung wie auch mit psychischen Erkrankungen müssten deshalb ebenso als Verfolgte des Nazi-Regimes anerkannt werden wie andere Opfergruppen auch, fordert die Lebenshilfe.
„Und die NS-Verbrechen wirken bis in die Gegenwart weiter“, erklärte Schmidt. „Auch im Deutschland des Jahres 2023 stoßen Menschen mit Behinderung auf Ablehnung und Vorurteile. Angesichts hochentwickelter vorgeburtlicher Untersuchungsmethoden müssen sich Eltern eines behinderten Kindes immer wieder Kommentare wie diesen anhören: Musste das sein, habt ihr das denn nicht gewusst?“
Zumeist führe die vorgeburtliche Diagnose einer Behinderung zur Abtreibung, weil sich die Eltern in einer auf Leistung und Optimierung getrimmten Gesellschaft das Leben mit einem behinderten Kind nicht zutrauten.
„Statt Angst und Ausgrenzung brauchen wir eine Willkommenskultur“, betonte Schmidt. „Es gibt kein lebensunwertes Leben, denn Menschen mit Behinderung gehören zur ganzen Bandbreite menschlicher Vielfalt dazu ohne Wenn und Aber. Die Lebenshilfe setzt sich daher seit ihrer Gründung vor mehr als 60 Jahren für eine inklusive Gesellschaft ein, die Menschen mit Behinderung und anderen Minderheiten uneingeschränkte Teilhabe garantiert.“

* pm: Bundesvereinigung Lebenshilfe

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