„Und Marburg“ ist der Name einer neuen religiösen Initiative. Am Sonntag (11. September) feierte sie ihre offizielle Anerkennung durch die Evangelische Kirche.
Bereits seit zweieinhalb Jahren ist in Marburg eine neue kirchliche Initiative aktiv. Sie feierte i am Wochenende ihr großes offizielles „Grand Opening“.
„UND Marburg“ ist ein kirchliches Start-Up und sieht sich als Teil einer Kirche, die verbindet. Folgerichtig haben „UND Marburg“ und der Evangelische Kirchenkreis Marburg eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, in der die strukturelle und inhaltliche Anbindung formuliert ist. Ihr Ziel ist, Menschen mit dem Glauben und mit Kirche in Verbindung zu bringen, die beidem eher distanziert gegenüber stehen und Raum für Experimente zu bieten.
Die erste Reihe beim Gottesdienst am Sonntag (11. September) im Lokschuppen war ebenso prominent wie vielfältig besetzt: Neben Prof. Dr. Tobias Faix vom „UND Marburg“-Vorstand und Gunter Schneider als „Hausherrn“ des Lokschuppens saßen Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, der Dekan des Kirchenkreises Marburg Dr. Burkhard von Dörnberg und die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Kurhessen-Waldeck (EKKW) Dr. Beate Hofmann – ein klares Signal für das verbindende Element, das „UND Marburg“ als zentralen Aspekt seiner Arbeit sieht.
„Unser Name steht für unsere Vision“, erläuterte Faix. „Wir möchten mit unseren Angeboten unterschiedliche Menschen, Meinungen, Ideen und Projekte miteinander verbinden und gleichzeitig in neuen Formen und moderner Sprache über Gott ins Gespräch kommen.“
Wie konkret das aussehen kann, zeigte allein schon der Gottesdienst des „Grand Opening“ mit multimedialen Elementen, modernem christlichen Liedgut, einer digitalen Fürbittenwand und einer Live-Übertragung im Internet. Jeder soll sich willkommen fühlen, jeder soll sein dürfen, wer er ist –
dieser Gedanke steht hinter dem Verein. Damit sollen sich auch und besonders diejenigen angesprochen fühlen, die „Wunden des Lebens und Wunden des Glaubens“ mit sich herumtragen, wie es Christian Graß von „UND Marburg“ beim Gottesdienst formulierte.
„Die Gemeinschaft vereint Mitglieder sowohl mit einem freikirchlichen, evangelischen und katholischen Hintergrund wie auch Menschen, die sich zuvor keiner Kirche zugehörig fühlten“, erklärte Johanna von Büren, die als Referentin bei „UND Marburg“ angestellt ist. Diese Haltung von Offenheit, Toleranz und Vielfalt unterstützt auch Gunter Schneider vom Lokschuppen, wo sich „UND Marburg“ künftig alle zwei Wochen zum Gottesdienst im Eventbereich Lumeos treffen wird. „Ich wollte einen Ort schaffen, wo Menschen zusammenkommen; und ich freue mich sehr, dass dieser Ort mit „UND Marburg“ eine neue Facette erhält.“
Bischöfin Hofmann betonte in ihrem geistlichen Wort am Sonntag, wie wichtig diese Facette sei – in einer Zeit und in einer Region, wo Kirche für viele nicht mehr selbstverständlich sei. Es gebe existenzielle Sorgen für die Menschen, aber die wenden sich nicht mehr unbedingt der Kirche zu, um Unterstützung zu finden.
Einige würden die klassische Gemeinde weiterhin als ihr Zuhause erleben; für andere wiederum müsse man neue Formate und Räume finden. „Allen alles sein – das würde so nicht funktionieren“, erklärte Hofmann. „Die Erschöpfung steigt, der Mut sinkt“
Eine andere Möglichkeit, das Dilemma zu lösen, das sehe man mit „UND Marburg“ und dem Ansatz, an neue Orte zu gehen und Räume für eine neue Begegnung mit Gott zu eröffnen. Genau das betrachtet die Bischöfin als Umsetzung der zentralen Anweisung aus der Bibel in Sachen missionarischer Arbeit: „Geht hin!“.
Dekan von Dörnberg hatte in Anlehnung an den Namen des Start-Ups ein Puzzle mitgebracht. Nicht die gemeinsam unterzeichnete Kooperationsvereinbarung sei dabei der Rahmen des Ganzen, erklärte von Dörnberg, sondern – Gott. Auch er verwies auf die Bibel, wo man offenbar bereits über „UND Marburg“ geschrieben habe.
„Ihr seid ein Leib Christi und jeder ein Glied“, heißt es beim Apostel Paulus. „So ist evangelische Kirche: einladend, offen, verbindend“, sagte der Dekan. Nicht jede Gemeinde könne das gleiche leisten und jedes Puzzleteil sei wichtig.
In der Kooperation zwischen „UND Marburg“ und dem Kirchenkreis Marburg ist unter anderem eine Zusammenarbeit in den Bereichen der Teenager- und Jugendarbeit vereinbart, ebenso wie neue Formen von Gottesdiensten und die Durchführung von Kasualien mit Unterstützung durch Pfarrer:innen des Kirchenkreises. Der Kirchenkreis wird durch den Dekan, den Propst, eine:n Pfarrer:in und einen Laien im Beirat von „UND Marburg“ eingebunden, während ein Vertreter von „UND Marburg“ durch den Kirchenkreisvorstand in die Kreissynode berufen wird. Auch mit der Pfarrkonferenz ist ein regelmäßiger Austausch geplant.
Knapp 600 Gäste nahmen insgesamt am „Grand Opening“ am Sonntag (11. September) teil. Rund 500 waren vor Ort und 100 waren über den Live-Stream zugeschaltet. Nach dem Gottesdienst hatte „UND Marburg“ zu einem „Social“ eingeladen –
einem gemeinsamen Mittagessen mit Livemusik und verschiedenen Erlebnisstationen und am Nachmittag fand unter dem Motto „Story“ noch ein Erlebnisprogramm statt.
Zu Gesprächen waren unter anderem Bürgermeisterin Nadine Bernshausen, Propst Dr. Volker Mantey und die EKD-Präses Anna-Nicole Heinrich auf dem Podium. Der Titel des Textes, den Heinrich las, darf richtungsweisend verstanden werden: „Kirche als Partyqueen“.
* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg