Angeregt und zugegriffen: Köster lobt Umbenennung von Platz und Steg

Die Umbenennung des Platzes vor dem Südbahnhof und der dortigen Brücke hat der Stadtverordnete Henning Köster nochmals gewürdigt. Er war eine der treibenden Kräfte zu diesem Entschluss.
Die Stadt Marburg hat den bisherigen Karl-Theodor-Bleek-Platz und den gleichnamigen Steg beim Südbahnhof umgenannt. Beide tragen nun den Namen von Hildegard Hamm-Brücher. Diese Umbenennung trägt neueren Erkenntnissen über die Rolle Bleeks während der Zeit des Nationalsozialismus Rechnung.
„Trotz tropischer Temperaturen konnten OB Thomas Spies (SPD) , Stadtverordnetenvorsteherin Elke Neuwohner (Grüne) , MdL Lisa Deißler (FDP) und ich – sorgfältig vorbereitet von Kollegen aus der Stadtverwaltung – nach einleitenden Reden im Schutz der Beschattung eines benachbarten Restaurants gemeinsam das neue Schild enthüllen : Hildegard Hamm-Brücher 1921 bis 2016 , deutsche Politikerin und Journalistin: Kämpferin gegen Antisemitismus , Vefechterin von Bürger und Frauenrechten , Zivilcourage und Demokratie“, freute sich Köster. Seinen Dank richtete der Linken-Kommunalpolitiker an Prof. Dr. Eckart Conze und seine Mitarbeiterin Sarah Wilder sowie seine Mitarbeiter Alexander Cramer undDirk Stolper, die Mit der Studie zur Geschichte der Stadtverordnetenversammlung in und nach der NS-Zeit wichtige Impulse für die Einschätzung der Person Bleeks gaben.
In seiner Rede hatte Köster auf die Verleugnung seiner NSDAP-Mitgliedschaft , vor allem aber auch auf die Tatsache verwiesen, dass er als drittwichtigster Kommunalpolitiker – Stadt kämmerer und zuletzt auch noch stellvertretender Oberbürgermeister der damals deutschen Großstadt Breslau in die Arisierung und Deportation Tausender Menschen der drittgrößten jüdischen Gemeinde im Reich verwickelt gewesen sein muss – auch wenn einschlägige Dokumente mit seiner Unterschrift im Stadtarchiv des heutigen Wroclav nicht mehr auffindbar sind. Zudem hat – wissenschaftlich nachgewiesen – die Breslauer Stadtspitze bei Arisierung und der Vorbereitung der Deportationen besonderen Eifer an den Tag gelegt (s. Ramona Bräu ‚Arisierung ‚ in Breslau, Saarbrücken 2012).
„als Initiator der Umbenennung – genauer gesagt auch der Aberkennung der Ehrung – hatte ich mich im Vorfeld meiner Ini in der STVV, noch einmal intensiv mit der Biographie von Karl-Theodor Bleek beschäftigt“, sagte Köster.“IIch bin Rechtsanwaltsohn und hatte als junger Mensch nie gedacht , wie sehr das ein Leben lang prägen kann . Und so ist mir sehr bewusst, dass ich hier nicht als juristischer Ankläger, sondern als Kommunalpolitiker spreche.“
Es sei richtig und erforderlich, die im Februar 1998 erfolgte Ehrung des Marburger Oberbürgermeisters Bleek durch die Benennung des Platzes vor dem Südbahnhof und des Stegs über die Gleise abzuerkennen , weil Bleek seine Mitgliedschaft in der NSDAP ab Januar 1942 mutwillig in einem Spruchkammerverfahren unterschlug und so erst die Voraussetzung für seine Benennung zur Wahl des Oberbürgermeisters schuf. Von 1937 bis zum Ende der Nazi-Herrschaft agierte Bleek als Stadtkämmerer und zuletzt auch noch stellvertretender OB (ernannt auf Vorschlag des Beauftragten der NSDAP Breslau an vordererStelle der Stadtspitze der damaligen deutschen Großstadt Breslau.
Die Breslauer Stadtspitze legte nachweislich besondere – weit über das übliche Maß hinausgehende – Energie an den Tag, die Stadt am Vermögen zahlreicher Mitglieder der drittgrößten jüdischen Gemeinde des Reichs im Rahmen der ‚Arisierung‘ zu bereichern und sie so faktisch zu enteignen und zu entrechten. Durch die Vertreibungder Breslauer Juden aus der Stadt in ein Internierungslager bereits imFrühsommer 1941 schuf Bleek als drittwichtigster Kommunalpolitiker die faktische Voraussetzung für die kurz darauf erfolgte Deportation, durch die mehrere Tausend Breslauer Jude ermordet wurden oder infolge der Haftbedingungen umkamen.
Köster freute sich auch über die Umbenennung von Platz und Brücke nach der früheren FDP-Politikerin Hamm-Brücher. Mit ihr ehrt die Stadt Marburg eine engagierte Kämpferin für Demokratie und gegen Antisemitismus.

* pm: Die Linke Marburg

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