Aufgeklärt: Fehlerkorrektur sabotiert Therapie

Ein Forschungsteam hat den Resistenzmechanismus gegen ein Leukämie-Medikament aufgeklärt. Die Fehlerkorrektur an der DNA sabotiert die Krebstherapie.
Ein Forschungsteam aus Marburg und München hat mehrere Gene identifiziert, die Fehler im Programmcode von Krebszellen korrigieren, was die Krebszellen unempfindlich gegen Medikamente macht. Die Ergebnisse bergen auch die Chance, eines der Resistenzgene unwirksam zu machen und so einer medikamentösen Behandlung zum Erfolg zu verhelfen. Das berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um den Marburger Mediziner Prof. Dr. Andreas Neubauer im Fachblatt „HemaSphere“.
„Akute Leukämien gehören zu den aggressivsten Tumorerkrankungen, die man beim Menschen kennt“, erklärte Leitautor Neubauer, der den Schwerpunkt „Hämatologie, Onkologie und Immunologie“ an der Philipps-Universität leitet. Ohne Therapie verlaufen Leukämien oft innerhalb weniger Wochen tödlich.
„Krebspatienten werden heute ganz überwiegend mit Medikamenten behandelt“, legte der Onkologe dar. Bei akuter myeloischer Leukämie setzt die Medizin oftmals auf das Krebsmedikament „Cytarabin“. Der Wirkstoff wird als falscher Baustein in die DNA der Krebszellen eingebaut, die sich aufgrund dessen nicht vermehren können.
„Eines der größten Probleme bei Krebs sind jedoch Resistenzen gegenüber Chemotherapeutika“, führte Neubauers Mitarbeiterin Dr. Miriam Rehberger aus. Sie ist die Erstautorin des Fachaufsatzes.
Um Gene zu finden und zu charakterisieren, die für Resistenzen gegen Cytarabin verantwortlich sind, nutzte der Krebsmediziner die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thorsten Stiewe und dessen Arbeitsgruppe am Institut für Molekulare Onkologie der Philipps-Universität. Die Tumor- und Entzündungsforschung bildet einen Forschungsschwerpunkt der Marburger Universitätsmedizin.
Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchten systematisch nach Genen, die dafür verantwortlich sind, dass Krebszellen nicht auf Cytarabin ansprechen. Die Forschungsgruppe identifizierte drei Gene, die zur Reparatur des Erbträgers DNA beitragen und damit den Effekt des Krebsmedikaments zunichte machen. Durch weitergehende Untersuchungen fand das Team außerdem heraus, dass zwei der gefundenen Gene über denselben Mechanismus wirken.
Sie beeinflussen die Aktivität eines Enzyms, das Fehler in der DNA repariert. „Blockiert man dieses Enzym, so erhält man dasselbe Resultat, wie wenn man die von uns identifizierten Gene stilllegt“, erläuterte Neubauers Mitarbeiter Dr. Jonas A. Schäfer, der sich die Erstautorenschaft mit Rehberger teilt. Patientinnen und Patienten mit akuter myeloischer Leukämie haben bislang schlechte Chancen auf einen Behandlungserfolg mit Cytarabin, sofern die gefundenen Resistenzgene bei ihnen sehr aktiv sind.
Das Forschungsteam stieß jedoch auch auf eine Möglichkeit, die Wirkung der Resistenzgene zu überwinden: Denn deren Genprodukte müssen in der Zelle chemisch verändert werden, um ihre Aktivität zu entfalten. Der erforderliche Umwandlungsschritt lässt sich aber durch Verabreichung eines Hemmstoffs unterbinden.
„Wir zeigen in dieser Arbeit einen ganz neuen Weg der Resistenz auf“, fasste Neubauer zusammen. „Wichtiger noch, wir präsentieren eine Idee, wie man sie überkommen kann!“
Neubauer hat die Professur für Hämatologie und Onkologie an der Philipps-Universität inne. Er hat das „Carreras-Leukämie-Center“ am Universitätsklinikum Marburg aufgebaut, das er seit der Eröffnung im Jahr 2009 leitet.
Neben den Arbeitsgruppen von Neubauer und Stiewe beteiligte sichProf. Dr. Torsten Haferlach von der Firma MLL Münchner Leukämielabor an der Studie. Die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) haben die zugrundeliegenden Forschungsarbeiten finanziell gefördert.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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