Sympathisch und beweglich: Kulturelle Vielfalt am Arbeitsplatz

Das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ sucht neue Interessierte. Bewerbungsschluss ist Dienstag (31. Mai).
Um Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund einen guten Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen, braucht es das Engagement von Arbeitgeber*innen. Das honoriert das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“, das nun erneut ausgeschrieben ist. Die Universitätsstadt Marburg und der Landkreis Marburg Biedenkopf verleihen die Auszeichnung an Unternehmen, freie Träger und Organisationen.
„Integration geht uns alle an, und ob sie gelingt, darüber entscheidet unter anderem ein guter Einstieg in das Erwerbsleben vor Ort“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Dabei sei auch das Engagement von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gefragt. Sie hätten dazu ebenfalls einen großen Nutzen.
„In vielen Branchen gibt es Fachkräftemangel“, erläuterte er. „Wer Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund qualifiziert oder sich durch eine offene Unternehmenskultur attraktiv für internationale Fachkräfte macht, profitiert davon.“
Auch Marian Zachow plädierte für mehr Integration im Arbeitsleben: „Das Gütesiegel strahlt nach außen, aber auch nach innen: Es schafft eine offene Unternehmenskultur, die es braucht, damit eine gute Zusammenarbeit gelingt.“
Zachow ist der Erste Kreisbeigeordneter des Landkreises Marburg-Biedenkopf, der das Gütesiegel gemeinsam mit der Stadt Marburg verleiht. Es gehe darum, als Region bei dem Thema in Führung zu gehen.
Mit entwickelt hat die Auszeichnung auch Prof. Dr. Susanne Weber von der Philipps-Universität. Es gibt mehrere Bereiche, in denen die Organisationen bewertet werden und Punkte sammeln können.
„Beim Thema Ankommen erleichtern wird beispielsweise die Wohnungssuche“, berichtete Weber. „Es gibt Willkommensmappen – aber auch so etwas wie Ernährungsbedürfnisse in Kantinen zu berücksichtigen ist natürlich eine sehr schöne Maßnahme.“
In einem anderen Bereich gehe es darum, die Fähigkeiten der Beschäftigten zu stärken. Das geschieht etwa über Sprachförderung.
Betrachtet werde auch die Frage: Wird Vielfalt für unternehmerische Strategien fruchtbar gemacht? So sollten etwa Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund auch im Betriebs- oder Personalrat vertreten sein, „Fremdsprachliche Flyer und Werbeanzeigen, dass wir auch wirklich die Vielfalt im Webauftritt und so weiter auch zum Ausdruck bringen“, ergänzte Weber zu den Maßnahmen.
Bewerberinnen und Bewerber können einen bis sechs Sterne erlangen. „Es ist als Entwicklungsprozess angelegt“, beruhigte Weber interessierte Firmen. „Man muss gar nicht unbedingt schon perfekt sein, man kann auch niedrigschwellig schon einsteigen.“
Dennoch sieht Weber große Vorteile für Firmen bei einer Teilnahme: „Im regionalen Netzwerk kann man so viel voneinander profitieren, es lohnt sich, einzusteigen und sich dann im Prozess zu verbessern, um regional wirklich etwas zu bewegen.“
Nils-Uwe Kersten ist HR Business Manager bei dem Impfstoffhersteller GSK Vaccines in Marburg und hat schon an einigen Netzwerktreffen teilgenommen. „Sehr gut sind zum Beispiel die Impulsvorträge von anderen Unternehmen, die einem den Blick öffnen“, berichtete er. „Gerade kleinere Unternehmen finden sehr pragmatische Lösungen, wie man zum Beispiel das Ankommen erleichtern kann, aber auch den Bewerbungsprozess.“
Bei seinem Arbeitgeber werden neue Kolleginnen und Kollegen von Buddys beim Ankommen betreut, sie finden Gebetsmöglichkeiten und einen Antidiskriminierungsbeauftragen als Ansprechpartner.
„Das Gütesiegel kam gut an“, erzählt Kersten. „Wir haben sehr viel positive Rückmeldung bekommen von anderen Standorten weltweit und auch auf Social Media.“
Bewerben können sich – unabhängig von ihrer Größe – alle Unternehmen, freien Träger und Verwaltungen im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Dafür ist ein Bogen auszufüllen, Hilfe gibt es dazu bei Bedarf in einer telefonischen Beratung.
Wenn möglich sollten Bewerbende auch Nachweise über die entsprechenden Maßnahmen in ihrer Organisation bringen können. Auch Maßnahmen, die Kundinnen und Kunden das Leben leichter machen, werden vom Gütesiegel honoriert.
Die Sparkasse Marburg-Biedenkopf (SKMB) etwa setzt eine Fremdsprachendatenbank ein: „Wenn Menschen mit anderen Sprachbedürfnissen als Deutsch in die Filiale kommen und beraten werden möchten, dann ist es hervorragend möglich, ganz schnell geeignete Sprachressourcen aus der Datenbank zu holen“, erläuterte Weber.
Gute Erfahrungen haben einige teilnehmenden Organisationen bei der Rekrutierung von Arbeitskräften auch mit einer Erleichterung des Bewerbungsprozesses gemacht: „Ich habe eine Einstiegsqualifikation gemacht; und gleichzeitig durfte ich an einem Deutschkurs teilnehmen um meine Sprachkenntnisse zu verbessern“, berichtete Mohadese Molashafie, die eine Ausbildung zur Bankkauffrau macht. „Ich kann auch Kundenberatung auf Persisch anbieten“, erzählte sie.
Jetzt gibt es wieder die Gelegenheit, sich an der Vernetzung zu beteiligen und um das Gütesiegel zu bewerben. Die Frist läuft bis Dienstag (31. Mai).
Mehr Informationen gibt es bei Dr. Andrea Wagner vom städtischen Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe, unter 06421/201-1096 oder Dr.Andrea.Wagner@marburg-stadt.de sowie unter www.marburg.de/guetesiegel. Und auch der Podcast der Stadt widmet sich dem Thema mit einer Folge unter dem Titel „Vielfalt leben an der Arbeit“. Abrufbar ist er unter hoermalmarburg.de und allen gängigen Podcast-Plattformen.

* pm: Stadt Marburg

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