Vielfalt am Arbeitsplatz: Zwölf interkulturelle Vorbilder gewürdigt

Vielfalt am Arbeitsplatz spielt eine immer größere Rolle. Darum würdigen Stadt und Landkreis zwölf interkulturelle Arbeitgeber.
Zwölf Unternehmen und Organisationen aus der Universitätsstadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf haben sich mit ihrem Engagement im Betrieb um das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ beworben. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies hat gemeinsam mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Marian Zachow die Gütesiegel im Erwin-Piscator-Haus (EPH) überreicht.
Mit dem Gütesiegel wurden zum zweiten Mal Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ausgezeichnet, die sich in der Region für interkulturelle Vielfalt am Arbeitsplatz einsetzen. Mit dem Siegel soll sichtbar gemacht werden, wie kulturelle Vielfalt in ausgezeichneter Weise zum Erfolg von Betrieben und Organisationen führen kann.
„Vielfalt wirkt sich in allen Lebenslagen bereichernd aus“, sagte Oberbürgermeister Spies. „Voraussetzung dafür ist jedoch, das Potenzial gelungener Inklusion und Integration zu erkennen und sich das als Ziel zu setzen. Dies haben Sie getan.“
Der Oberbürgermeister wandte sich direkt an die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger. „Integration passiert in der Kommune, dort, wo die Menschen leben und arbeiten. Ohne Unternehmen wie Sie geht es nicht.“
Das Gütesiegel soll zudem die Vernetzung von Organisationen in der Region unterstützen, sodass sie voneinander lernen. So können sie sich gegenseitig fördern und gemeinsam für interkulturelle Vielfalt einsetzen.
„Dass wir hier so viele Unternehmen auszeichnen können, funktioniert nur, weil wir hier in der Region ein gemeinsames Bewusstsein haben“, erklärte der Erste Kreisbeigeordnete Zachow. An der Vision einer Gesellschaft, in der Vielfalt selbstverständlich ist, müsse man hart arbeiten. Die Bedeutung des Gütesiegels sei, vor allem auch wegen der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts, bundesweit in seiner Qualität einzigartig.
„Sie sind Freund*innen von Menschen mit internationaler Biografie“, sagte Sylvie Cloutier vom Ausländerbeirat zu den Gütesiegel-Träger*innen. Ihre Hoffnung sei, dass die Inklusion aller gelinge, die bisher aufgrund ihres Namens oder ihrer Herkunft Probleme auf dem Arbeitsmarkt hätten.
Das Gütesiegel erhielten die Zahnarztpraxis Al Hamoud, die Abendschulen Marburg, das Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft (BWHW) Region Mittelhessen, die C+P Bildung GmbH, die dm-drogerie markt GmbH + Co. KG Filiale in Cappel, die Elkamet Kunststofftechnik GmbH, die ERDAR Consulting – IT Center Biedenkopf GmbH, die GSK Vaccines GmbH, die Friseur Haaribo GmbH, der Kreisausschuss Marburg-Biedenkopf, der Magistrat der Universitätsstadt Marburg und die Seniorenbetreuung Weisser Stein GmbH. Sechs der zwölf Organisationen wurden bereits 2020 mit dem Gütesiegel und mit bis zu drei Sternen für Maßnahmen der interkulturellen Öffnung ausgezeichnet.
Sie haben ihre interkulturellen Angebote weiterentwickelt oder neue Projekte gestartet. Dadurch konnten sie sich erneut um das Gütesiegel bewerben und ihr Ergebnis aus dem Vorjahr verbessern – insgesamt kann ein Unternehmen bis zu sechs Sterne erreichen.
Diejenigen, die die besten Ergebnisse erzielten, bekamen neben dem Gütesiegel einen Preis: Den Preis in der Kategorie „große und mittlere Organisationen“ erhielt in diesem Jahr die GSK Vaccines GmbH. Neben einem Buddy-Programm für internationale Beschäftigte und zahlreichen weiteren Maßnahmen ermöglicht die GSK Vaccines GmbH den Mitarbeitenden die Teilnahme an sogenannten „Inklusion & Diversität Gruppen“ (I&D Gruppen), die Stereotypenbildung und abwertendem oder ausschließendem Verhalten in der Belegschaft entgegenwirken sollen.
In der Kategorie der „kleinen Organisationen“ gewann zum zweiten Mal der Friseur Haaribo. Die Geschäftsführerin Nadine Sisamci lebt ihre Rolle als Vorbild und schafft ein wertschätzendes Arbeitsumfeld, in dem sich ihre Beschäftigten – mit und ohne Migrationshintergrund – wohlfühlen, heißt es in der Begründung der Jury.Die Mitarbeiter*innen des Friseursalons Haaribo sind regional vernetzt und ehrenamtlich stark involviert. Dabei steht das gesellschaftliche Engagement im Fokus.
Die Bewertung für das Gütesiegel fußt auf insgesamt sechs Modulen. Dabei achtet die Jury darauf, wie Betriebe ihre Beschäftigten darin unterstützen, in der Organisation anzukommen, wie sie die Fähigkeiten ihrer Belegschaft erkennen und fördern sowie die faire und solidarische Zusammenarbeit am Arbeitsplatz gestalten.
Daneben bewertet die Jury, inwiefern es gelingt, Vielfalt als eine Chance zu sehen und freiwilliges Engagement für interkulturelle Vielfalt zu stärken. Schließlich wird geprüft, ob und wie das Unternehmen für eine vernetzte Inklusionskultur in Führung geht.
Im dm-Drogeriemarkt in Cappel beispielsweise haben Menschen mit Migrationshintergrund gute Aufstiegschancen. In der Zahnarztpraxis Al Hamoud haben sie die Chance, Deutsch im Prozess zu lernen. Die Elkamet Kunststofftechnik GmbH unterstützt das Ankommen von Mitarbeitenden mit gemeinsamen Freizeitmöglichkeiten. Betriebliche Fortbildungen zu Fluchttramata sensibilisieren Mitarbeitende des Bildungswerks der Hessischen Wirtschaft.
Die Teilnahme am Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ ist ein Entwicklungsprozess und auf sechs Jahre angelegt. Die teilnehmenden Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vernetzen sich untereinander, tauschen Lösungen aus, die sich in der Praxis bewährt haben, und treffen sich bei WebLabs und jährlichen Workshops, um Themen gemeinsam zu entwickeln. Weitere Informationen gibt es unter www.marburg.de/guetesiegel-interkulturelle-vielfalt-leben.
Konzipiert wurde das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ federführend von Prof. Dr. Susanne Maria Weber vom Institut für Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität gemeinsam mit dem Fachbereich Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Universitätsstadt Marburg. In einem breiten partizipativen Prozess wurde im Frühjahr 2019 – ausgehend vom „Runden Tisch Integration“ – gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen – Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, das Siegel entwickelt. Im September 2020 wurde das Gütesiegel erstmals an 13 Organisationen verliehen.
Dann folgten drei Vernetzungstreffen im digitalen Raum. Bis Juli 2021 haben sich nochmals 12 Unternehmen, Verwaltungen und freie Träger in Stadt und Region erneut auf das Gütesiegel beworben.

* pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf

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