Das Hexenjahr hat seinen Abschluss mit einem Gottesdienst am Buß- und Bettag gefunden. Die Ausgrenzung „Andersartiger“ sei aber noch immer ein wichtiges Thema, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies.
Sie sind verfolgt und getötet worden: Mit einem Themenjahr hat die Stadt Marburg an die Prozesse gegen „Hexen“ vor mehr als 300 Jahren erinnert. Den Abschluss hat ein Gottesdienst am Buß- und Bettag in der Lutherischen Pfarrkirche gemacht.
Pfarrerin Andrea Wöllenstein und Oberbürgermeister Spies betonten darin auch die heutige Verantwortung bei der Ausgrenzung „Andersartiger“. Unter dem Titel „Andersartig. Hexen. Glaube. Verfolgung“ gab es seit dem Frühjahr Veranstaltungen zum Themenjahr, auch wenn coronabedingt viele ausfielen oder verschoben wurden. Rund 50 Menschen waren jedoch zum Abschlussgottesdienst des Hexenjahrs am Mittwoch (18. November) in die Lutherische Pfarrkirche gekommen.
„Das Wort andersartig unterstellt, dass man Menschen in Arten unterteilen könne“, erklärte Wöllenstein. Einige gehörten dann dazu und andere nicht. Aus Hass und Missgunst seien Menschen damals zu „Hexen“ gemacht worden.
Ihre Verfolgung könne nicht wieder gut gemacht werden, sagte die Pfarrerin. „Aber wir können an sie und ihre Würde erinnern.“
Daher wurden im Gottesdienst die Namen der bekannten 24 Opfer aus dem Raum Marburg verlesen. Darunter waren 22 Frauen und zwei Männer.
„Eine Zauberin sollst du nicht am Leben lassen!“ So stehe es im Buch Mose. Auch Martin Luther sei dieser Überzeugung gewesen, berichtete Wöllenstein.
Damals sei eine Zeit großer Verunsicherung gewesen mit Umweltkatastrophen und Epidemien. Die Hexenprozesse seien eine Möglichkeit gewesen, „Schuldige“ zu präsentieren.
Mit Blick auf die jüngste Geschichte Deutschlands sagte Wöllenstein: „Auch wenn der letzte Hexenprozess mehr als 300 Jahre her ist: Die Denkmuster sind nicht ausgestorben. Wir müssen hinschauen und uns einmischen.“
Oberbürgermeister Spies sagte in seinem Grußwort, in Marburg sei die Opferzahl vergleichsweise gering gewesen. enn Philipp der Großmütige habe die Hexenverfolgung abgelehnt. Wichtig bei der Aufarbeitung in dem Themenjahr seien die unterschiedlichen Perspektiven gewesen.
Laut Spies braucht es nicht nur die trockene und exakte wissenschaftliche Betrachtung: „Wer Lehren aus der Geschichte ziehen will, muss für die Gegenwart wirksam machen, der muss sie erleben, spüren, die Geschichte mit dem Herzen betrachten.“
Zum Abschluss zitierte Spies Dietrich Bonhoeffer: „Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit und die Verantwortung gegenüber der Zukunft geben fürs Leben die richtige Haltung.“ Dekan Burkhard zur Nieden erinnerte daran, dass die verfolgten „Hexen“ oft gläubige Christen waren, die Gott um Hilfe anriefen.
Musikalisch wurde der Gottesdienst von Improvisationen von Klangschalen und Orgel begleitet. Da einige Veranstaltungen verschoben wurden, wird es auch nach dem Abschlussgottesdienst noch Beiträge zum Themenjahr geben. Vorerst finden sie digital statt.
* pm: Stadt Marburg