Zum internationalen Brustkrebsmonat gibt es eine Veranstaltungsreihe in Marburg. Sie umfasst auch Anleitungen zur Selbstuntersuchung als Vorsorge gegen Brustkrebs.
Brustkrebs ist bei Frauen die häufigste Art an Krebs zu erkranken. Eine frühzeitige Erkennung ist wichtig, um die Heilungschancen zu erhöhen. Der Monat Oktober gilt international als „Bewusstseins-Monat“, um über die Vorbeugung, Behandlung und Erforschung von Brustkrebs stärker aufzuklären.
In Marburg findet eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Selbstuntersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs“ statt. „Wir möchten es ermöglichen, dass eine Anleitung zur Selbstuntersuchung in vertrauensvoller Umgebung möglich ist“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Das ist außerordentlich wichtig, denn das Thema ist etwas sehr Persönliches.“
Damit bezog er sich auf das gemeinsame Angebot der Stadt Marburg, mehreren Vereinen, Gemeinwesenträgern und des Brustzentrums Regio des Universitätsklinikums Gießen-Marburg (UKGM): Zwölf Gynäkologinnen des UKGM besuchen kostenlos bestehende Frauengruppen am Richtsberg, im Waldtal und Stadtwald sowie von Studierendenvereinen, um in vertrauter Atmosphäre Fragen rund um das Thema Brustkrebsvorsorge zu beantworten.
Bekleidet und teilweise anhand von Modellen erhalten die Frauen außerdem Anleitungen zur Selbstuntersuchung. Dieses Angebot gibt es im Oktober auch noch einmal an zwei Terminen für Frauen, die nicht einer bestehenden Gruppe angehören. Angesprochen werden sollen vor allem Frauen, die eher schwerer erreichbar sind, unter anderem aufgrund von Sprachbarrieren oder kulturellen Unterschieden.
„Die Veranstaltungsreihe ist vor allem auch für Frauen mit Migrationshintergrund gedacht“, erklärte Dr. Christine Amend-Wegmann. Die Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur ergänzte: „Wir möchten Frauen selbstermächtigen, sich um ihren Körper zu kümmern.“
Dieses Ziel steht im Zusammenhang mit der Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern (EU-Charta) auf lokaler Ebene, die 2014 von der Universitätsstadt Marburg unterschrieben wurde. Die Veranstaltungsreihe berücksichtigt damit auch geschlechtsspezifische Aspekte in der Medizin.
An der Umsetzung sind mehrere Fachdienste der Stadt beteiligt: Die Organisation hat federführend die Gesunde Stadt in Kooperation mit dem Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe übernommen, nachdem die Idee zur Aktion in Zusammenarbeit mit dem Gleichstellungsreferat gestartet war.
OB Spies dankte vor allem auch den weiteren Beteiligten: den Vereinen „Leben mit Krebs“ und „Hadara“ sowie dem Bewohnernetzwerk für Soziale Fragen (BSF) aus dem Stadtteil Richtsberg, der Initiative für Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit aus dem Stadtwald und dem Arbeitskreis soziale Brennpunkte (AKSB) des Waldtals sowie dem Brustzentrum Regio. Der Gesundheitsdezernent betonte, dass damit ein Zugang zu Präventionsangeboten im Gesundheitsbereich geschaffen werde – und zwar für Frauen, die sonst eher einen schwierigen Zugang haben, wie Linda Noack von der Gesunden Stadt erläuterte.
Dazu gehören beispielsweise ausländische Studierende und geflüchtete Frauen, berichtete Adji Gaye vom Fachdienst Migration und Flüchtlingshilfe. Viele dieser Frauen sei Prävention noch fremd, weiß Gaye. Das habe weniger mit dem Bildungsstand zu tun als mit unterschiedlichen Kulturen und Lebensweisen.
Zur Unterstützung sollen die Anleitungen zur Selbstuntersuchung der Brust beispielsweise in mehrere Sprachen übersetzt werden. Außerdem bietet der Fachdienst auch an, bei Bedarf Dolmetscherinnen zu organisieren.
Dr. Christine Köhler vom Brustzentrum Regio ist das Angebot eine Herzensangelegenheit. Sie machte deutlich, dass es bei der Anleitung zur Selbstuntersuchung nicht nur um Vorsorge gehe: „Es bringt die Frauen dazu, auf sich zu achten und ein Bewusstsein für den eigenen Körper zu entwickeln. Und das wiederum soll sie dazu bringen, auch die Früherkennungsangebote anzunehmen wie etwa die Mammografie, zu der aktuell nur rund 50 Prozent der Frauen gehen.“
Christiane Schmitt vom Verein „Leben mit Krebs“ betonte auch, wie wichtig es sei, dem Thema den Schrecken zu nehmen, sondern eher die positive Botschaft zu vermitteln: „Viele können geheilt werden.“ Brustkrebs als häufigste Art von Krebs bei Frauen bietet eine deutlich höhere Überlebenswahrscheinlichkeit als oftmals angenommen. Sie liegt bei 87 Prozent nach fünf Jahren und 82 Prozent nach zehn Jahren.
Eine frühe Erkennung des Tumors erhöht die Heilungschancen. Ein Großteil aller Fälle wird von den Frauen selbst entdeckt, entweder zufällig oder beim bewussten Abtasten der eigenen Brust.
Dass das Angebot dazu beiträgt, mehr Kontakt zu einzelnen Stadtteilen zu entwickeln, begrüßt Schmitt sehr. Und auch Renate Latsch vom BSF bestätigte, welch geeigneten Zielgruppen die bestehenden Frauengruppen der Stadtteile Richtsberg, Waldtal und Stadtwald seien: „Die Frauen stellen in den Gruppen auch viele medizinische Fragen, weil sie sonst einfach keinen Zugang zu diesen Themen haben. Die Gruppe dient ihnen als erster Ansprechpartner – auch im gesundheitlichen Bereich.“
Die Veranstaltungsreihe ist für den OB ein Stück Gesundheitsbildung, um Prävention und Aufklärung zu fördern. Zusätzlich zu den Terminen im Oktober wird in den Buchhandlungen „Am Markt“ und „Lehmanns“ sowie in der Stadtbibliothek eine vielseitige Mischung an ausgewählter Literatur zum Thema Brustkrebs zur Verfügung stehen.
Die Frauengruppen-unabhängigen Termine finden am Freitag (2. Oktober) sowie am Freitag (23. Oktober) jeweils um 17 Uhr im Sitzungssaal des Bauamts an der Barfüßerstraße statt. Um eine vorherige Anmeldung wird gebeten per E-Mail an gesund@marburg-stadt.de. Weitere Informationen gibt es bei Linda Noack vom Fachdienst Gesunde Stadt (06421/201-1037 oder Linda.Noack@marburg-stadt.de.
* pm: Stadt Marburg