Die erste Landung von Menschen auf dem Mond am 20. Juli 1969 ist 50 Jahre danach fast in allen Medien Thema. Unerwähnt bleibt dabei jedoch der Anteil eines Marburgger Arztes an dieser Mission.
Ohne die wissenschaftlichen Experimente des Physiologen Prof. Dr. Gunther Hildebrandt hätte die North American Space Agency (NASA) wohl kaum gewagt, Menschen auf den Mond zu schießen. Anfang der 60er Jahre hat Hildebrandt im Auftrag der NASA erforscht, ob Menschen längere Zeit außerhalb des geregelten Tag-Nacht-Rhythmus überleben können. Heute gilt er als Begründer der sogenannten „Chronobiologie“.
Geboren wurde Hildebrandt am 12. Januar 1924 in Freiburg. Von 1951 bis 1959 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Balneologischen Forschungsstelle Bad Orb. 1959 wurde er ihr Leiter.
Seine Habilitation im Fach Humanphysiologie und Balneologie schrieb er 1959 über Die rhythmische Funktionsordnung von Puls und Atmung. In den darauffolgenden Jahren erforschte er immer intensiver die Bedeutung der Impulsgeber Tageslicht und Sonne sowie der körpereigenen Kreisläufe des Bluts und des Herzschlags sowie der Atmung auf die Gesundheit. Dafür beobachtete er – von allen äußeren Einflüssen abgeschottete – freiwillige Probanten monatelang in Höhlen, in die von außen kein Licht und kein Geräusch drang.
Hildebrandt beschrieb den „zirkadianen“ Rhythmus, der das menschliche Leben ohne äußere Einflüsse auf einen Tagesumlauf zwischen 22 und 36 Stunden reguliert. Gesteuert werden die körpereigenen Zeitgeber durch Blut, Atmung und andere Stoffwechselkreisläufe. Dank dieser Mechanismen ist der Mensch auch lebensfähig, wenn er von allen äußeren Einflüssen abgeschottet ist.
Diese Erkenntnisse erlaubten der NASA das Experiment, Menschen auch über längere Zeit hinweg ins Weltall zu schießen. Den Auftrag der NASA habe er eigenen Angaben zufolge unter der Zusicherung erhalten, ihn geheimzuhalten, berichtete er Jahrzehnte später.
1964 wurde Hildebrandt Direktor des neu gegründeten Instituts für Arbeitsphysiologie und Rehabilitationsforschung der Philipps-Universität. 1992 wurde er dort auch emeritiert. Gestorben ist er am 6. März 1999.
Er und seine Frau waren Mitbegründer der Bettina-von-Arnim-Schule in Marburg. Während seine Leistungen im Bereich der Chronobiologie unbestritten sind, dürfte sein Beitrag zum Raumfahrtprogramm der NASA nur wenigen bekannt sein.
* Franz-Josef Hanke