Eine neue Klasse pflanzlicher Abwehrmoleküle beschreiben Marburger Forscher in einer Studie an Maispflanzen. Die sogenannten „Kiwelline“ bilden die Pflanzen als Abwehrreaktion gegen schädliche Pilze.
Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht. Das teilte die Philipps-Universität am Mittwoch (23. Januar) mit.
Mais ist eine der wichtigsten Kulturpflanzen weltweit. Die Pflanze dient als Nahrungsquelle, aber auch als Grundlage für Industrieprodukte bis hin zur Erzeugung von Biogas.
Wenn Mais von Krankheiten befallen wird, kann das zu Hungersnöten und zu großen wirtschaftlichen Schäden führen.
Der Pilz Ustilago maydis löst beim Befall von Maispflanzen die Krankheit Maisbeulenbrand aus. Im Verlauf der Infektion werden vom Pilz eine Vielzahl sogenannter Effektormoleküle in die Maispflanze abgegeben, die die Infektion unterstützen und die Immunantwort der Pflanze unterdrücken.
Eine solche Funktion übt auch die Chorismat Mutase 1 (Cmu1) aus. Dabei handelt es sich um ein Enzym, das der Pilz in den Mais abgibt, um dessen Shikimisäure-Stoffwechselweg zu manipulieren. Dieser zentrale Stoffwechselvorgang ist auch für die Synthese bestimmter Aminosäuren notwendig.
Ziel dieser Manipulation ist, die pflanzliche Produktion von Salizylsäure zu verhindern. „Der wichtige Botenstoff Salizylsäure signalisiert in der Pflanze die Infektion durch schädliche Organismen“, sagt Prof. Dr. Regine Kahmann.
In der Studie fanden die Forschenden um Kahmann vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und Prof. Dr. Gert Bange vom Zentrum für synthetische Mikrobiologie (SynMicro) und vom Fachbereich Chemie der Philipps-Universität ein Protein, das die Aktivität von Cmu1 sehr erfolgreich hemmt. Es trägt den Namen „Kiwellin“.
Außerdem konnten sie den genauen Mechanismus durch Röntgenkristallographie beschreiben. „Die Struktur zeigt eindrücklich, dass das Abwehrprotein den Zugang der Substrate und damit die katalytische Funktion der Cmu1 blockiert“, erklärte Bange.
Weiterführende Untersuchungen zeigten, dass Kiwelline zu einer großen Klasse von pflanzlichen Abwehrproteinen gehören. So finden sich allein im Mais 20 verschiedene Kiwelline, von denen allerdings nur eines die Aktivität des pilzlichen Effektormoleküls hemmt.
Frühere Studien haben die Produktion von Kiwellinen in Tomaten und Kartoffeln nach Befall durch schädliche Organismen gezeigt. Sie ließen bereits vermuten, dass Kiwelline ein nicht unwesentlicher Teil einer universellen pflanzlichen Abwehrreaktion sein könnten. Diese Annahme haben die Marburger Forschenden nun bestätigen können.
Damit legen sie auch den Grundstein für die Identifikation weiterer Kiwelline und ihrer Zielproteine in anderen Organismen. Mittelfristig könnte das eine biotechnologische Nutzung von Kiwellinen als Alternative zu fungiziden Pflanzenschutzmitteln ermöglichen.
* pm: Philipps-Universität Marburg