KI im Spiel: Forscher erklären Schwarmverhalten von Bakterien

Die schwarmartige Ausbreitung von Bakterien lässt sich beschreiben, wenn man die räumlichen Wechselwirkungen zwischen den beteiligten Zellen und ihre Beweglichkeit kennt. Dazu hat ein internationales Forschungsteam Mikroskopie mit maschinellem Lernen kombiniert.
Zu ihrem Resultat gelangten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Marburg, Berlin und Cambridge in den USA, indem sie mikroskopische Untersuchungen mit genetischen Verfahren, maschinellem Lernen und mathematischer Modellierung kombinierten. Die Arbeitsgruppe berichtet über ihre Ergebnisse in der Online-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift „PNAS“. Die gemeinschaftliche Bewegung von Zellen – das sogenannte „Schwärmen“ –
ermöglicht Bakterien, sich auszubreiten sowie Nährstoffvorkommen zu erkunden. „Dieses Verhalten hat tiefgreifende Auswirkungen auf Krankheitsübertragung, Genfluss und Evolution“, erklärte Professor Dr. Knut Drescher von der Philipps-Universität und vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie. Er ist der federführende Autor der Studie.
Man kennt bereits wichtige physiologische und biophysikalische Faktoren, die bestimmte Aspekte des Schwarmverhaltens steuern. „Der kausale Zusammenhang zwischen den mikroskopischen Prozessen auf Ebene der Einzelzellen einerseits und der Schwarmdynamik auf der Makroebene andererseits wurde bislang jedoch noch nicht hergestellt“, legte der Biophysiker dar.
Drescher und seine Kollegen schließen diese Lücke, indem sie Hochleistungsmikroskopie mit maschinellem Lernen und Computermodellierung kombinieren. „Wir zeigen mit diesem integrierten Ansatz, dass physikalische Zell-Zell-Interaktionen ausreichen, um die Dynamik des Bakterienschwärmens in allen Phasen zu beschreiben“, führte Dreschers Doktorandin Hannah Jeckel aus, die als Erstautorin der Veröffentlichung firmiert.
Sie nutzte ausgeklügelte mikroskopische Verfahren, um während der Entwicklung des Schwarms kurze Filme aufzunehmen. Die so gewonnen Daten wurden mittels maschinellem Lernen ausgewertet. Sie bildeten außerdem den Ausgangspunkt, um die Entwicklung der Bakteriengemeinschaften im Computer nachzubilden.
So fanden die Autoren heraus, dass Stöße zwischen den Bakterien sie dazu veranlassen, sich in dieselbe Richtung zu bewegen. Eine hohe Dichte mobiler Zellen verstärkt diesen Effekt. Immobile Zellen behindern ihn.
Drescher lehrt Biophysik an der Philipps-Universität. Außerdem leitet er eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und gehört dem Marburger „LOEWE-Zentrum für Synthetische Mikrobiologie“ an.
2016 erhielt er einen „Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrats ERC. Außerdem förderten unter anderem das „Human Frontier Science Program“, die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie das Massachusetts Institute of Technology die zugrunde liegenden Forschungsarbeiten.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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