550 Gäste: Landrat rief zum Schutz der Demokratie auf

550 Gäste waren am Samstag (25. Januar) beim Neujahrsempfang des Landkreises zu Gast. In Dautphetal-Friedensdorf rief Landrat Jens Womelsdorf zur Stärkung der Demokratie auf
Demokratie muss geschützt werden. Für den Krankenhausstandort in Biedenkopf zeichnet sich eine Lösung ab; und der Landkreis Marburg-Biedenkopf steht finanziell gesehen vor herausfordernden Zeiten: Landrat Jens Womelsdorf skizzierte in seiner Rede beim Neujahrsempfang des Kreises die wichtigsten Aufgaben, Projekte und Herausforderungen für das Jahr 2025 und darüber hinaus. Rund 550 Gäste aus Ehrenamt, Gesellschaft, Wirtschaft sowie Politik waren der Einladung des Kreises nach Dautphetal-Friedensdorf in eine Werkshalle der Firma Elkamet gefolgt. Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer waren zudem über den Livestream dabei.
Der Veranstaltungsort unterstrich symbolisch einen wichtigen Punkt in Womelsdorfs Ansprache: Der Landkreis als Region weise eine der höchsten Industriedichten in Europa auf und sei eine wirtschaftlich starke Region, in der es viele engagierte und innovative Unternehmen gebe. Basis dafür seien vor allem die vielen qualifizierten und in der Region fest verankerten Mitarbeitenden.
Auch auf eines seiner Kernthemen – die Bedeutung der Demokratie für das gesellschaftliche Zusammenleben – ging der Landrat ein und verurteilte den rauer werdenden Umgang auch im politischen Diskurs. Zudem werde die Demokratie insbesondere in den sozialen Medien immer wieder verächtlich gemacht. Womelsdorf zitierte eine Aussage des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Barack Obama aus dem Jahr 2022 an der Stanford University, um seine Haltung zu verdeutlichen: „Demokratie erfordert, dass wir mit dem langsamen, mühsamen Prozess des Bauens arbeiten, anstatt dem einfachen Weg der Zerstörung zu folgen.“
Gerade der Diskurs, die Berücksichtigung verschiedener Meinungen und Bedürfnisse, mache die Demokratie zu einem guten System: „Dieser von Obama benannte mühsame Prozess ist genau das, was immer wieder von Populisten und Populistinnen sowie Demokratiefeinden genutzt wird, um unsere Demokratie verächtlich zu machen und als dysfunktional darzustellen. Nämlich, dass die in der Demokratie notwendigen Aushandlungsprozesse, die Debatten und der Diskurs, vor allem aber der faire Kompromiss gegen das System der Demokratie selbst sprechen würden. Und dass manches sehr lange in der Umsetzung dauert. Ich halte dies grundlegend für falsch. Der Ausgleich von Interessen, das Lösen komplexer Probleme werden eben im Sinne Obamas nicht ohne diese komplexen Aushandlungsprozesse funktionieren.“
Der Landrat forderte auch die Gäste auf, sich für diesen lebhaften Diskurs und Kompromissfähigkeit einzusetzen. 2025 jährt sich das Ende des zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Der Landrat kündigte an, dass es in diesem Jahr dazu Vorträge, Lesungen, Symposien, Erzählcafés und Zeitzeugengespräche geben werde. Im Fokus sollen die Themen Kriegsende, Befreiung und die Folgen von Diktatur und Autokratie sowie die Bedeutung der Demokratie stehen.
Auch auf die aktuelle finanzielle Situation des Landkreises ging der Landrat ein: Der Kreis stehe vor „großen finanziellen Herausforderungen“. Daher werde er Kreistag und Kreisausschuss eine Erhöhung der Hebesätze für Kreis- und Schulumlage um jeweils 1,55 Prozent – in Summe also 3,1 Prozent – vorschlagen.
Die Umlagen zählen zu den größten Einnahmenquellen von Landkreisen. Mit ihr finanzieren die Kreise öffentliche Leistungen, die für Städte und Gemeinden erbracht werden. Verwandt werden sie unter anderem für Kreisstraßen oder als Schulträger, Soziale Sicherung und Jugendhilfe, Flüchtlingsaufnahme und den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Diese Erhöhung ist die erste seit 2015. Sie sei keinesfalls eine leichtfertige Entscheidung gewesen. Das sei „ein Schritt, der gut abgewogen wurde, weil er zu spürbaren Mehrbelastungen für unsere Städte und Gemeinden führt“, erläuterte Womelsdorf.
Der Schritt sei aber unausweichlich, da die finanziellen Belastungen in den wesentlichen Aufgabenbereichen des Landkreises sich seit 2021 um 49,5 Prozent erhöht hätten. Die Deckungsmittel aber – also die Gelder von Bund und Land zur Finanzierung dieser Aufgaben – im gleichen Zeitraum nur um 23,5 Prozent angewachsen seien. „Die Ausgaben für diese den Landkreisen von Bund und Land übertragenen Aufgaben waren also mehr als doppelt so hoch wie für die Erstattungen der beiden höheren staatlichen Ebenen“, erklärte Womelsdorf. Die Kommunen – die Landkreise – seien die Ebenen, auf denen die Menschen in ihrem Alltag das Funktionieren von Staat und Demokratie direkt erfahren.
„Keine staatliche Ebene ist so nah bei den Menschen“, sagte Womelsdorf. Damit Kreis und Kommunen ihre Dienstleistungen in sehr guter Qualität erbringen können, bräuchten sie das dafür notwendige Geld. „Ich erwarte von der Hessischen Landesregierung das zentrale Instrument unserer Finanzierung, den Kommunalen Finanzausgleich, grundsätzlich zu reformieren und deutlich besser finanziell auszustatten“, erklärte Womelsdorf. Damit schlug Womelsdorf auch einen Bogen zum Beginn seiner Rede über die Bedeutung der Demokratie: Denn würden Infrastruktur und Leistungen durch mangelnde finanzielle Ausstattung nicht mehr funktionieren, dann bestehe die Gefahr, dass denjenigen geglaubt werde, die einfache Lösungen präsentieren.
Nach der Rede des Landrats nutzten die Gäste rege die Möglichkeit für Austausch und Vernetzung. Für die musikalische Unterhaltung sorgten Anita Podinovic und Marco Schumertl als „Das Eventduo“ sowie die „Barrelhouse Jazzband“. Auch für das leibliche Wohl war durch den DRK-Kreisverband Biedenkopf sowie Produkte von regionalen Direktvermarktern – „Woodlandchicks“ (Dautphetal-Holzhausen), „Die Brotbackstube“ (Marburg-Weidenhausen, Schröck), die „Hofmetzgerei Hohl“ (Stadtallendorf-Erksdorf) sowie „Renert’s Hofladen“ (Münchhausen-Oberasphe) – gesorgt. Die vollständige Rede des Landrates lässt sich auf der Homepage des Kreises unter www.marburg-biedenkopf.de/nje25 nachlesen.

* pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf

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