„Deutschland muss endlich inklusiver werden!“ Das hat die Lebenshilfe am Dienstag (25. Juni) gefordert.
30 Jahre nach Verankerung des Benachteiligungsverbots für Menschen mit Behinderung im Grundgesetz (GG) zog die BVLH-Bundesvorsitzende Ulla Schmidt eine ernüchternde Bilanz. Am 30. Juni 1994 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes aufzunehmen. 30 Jahre danach erinnert die – 1958 in Marburg gegründete – Bundesvereinigung Lebenshilfe (BVLH) an diesen – für Menschen mit Behinderung und ihre Familien so bedeutungsvollen – Tag.
„Als Abgeordnete des Bundestages habe ich damals mit ganzem Herzen diesem Verfassungszusatz zugestimmt“, erinnerte sich Schmidt. „Das Benachteiligungsverbot sollte uns auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft voranbringen.“ Auch die Lebenshilfe hatte sich mit aller Kraft dafür eingesetzt.
„Doch leider müssen wir heute feststellen, dass die Inklusion in Deutschland ins Stocken geraten ist“, lautet die ernüchternde Bilanz von Schmidt. Sie verwies auf die Staatenprüfung im August 2023 in Genf. Der zuständige Fachausschuss zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stellte Deutschland ein schlechtes Zeugnis aus und bestätigte damit die Kritik der Lebenshilfe.
Sie fordert, dass Deutschland endlich inklusiver werden muss. Dafür brauche es vor allem mehr Barrierefreiheit und eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe.
„Über die Kinder- und Jugendhilfe für alle wird seit Jahren diskutiert“, berichtete Schmidt. „Ein Gesetzentwurf wird seit Monaten angekündigt und muss jetzt endlich kommen, damit künftig alle Kinder – ob mit oder ohne Behinderung – die Unterstützung vom Jugendamt bekommen, die sie und ihre Familien brauchen und Verschiebebahnhöfe zwischen den Behörden endlich der Vergangenheit angehören.“
Zudem betonte die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe: „Arztpraxen, Geschäfte, Gaststätten, Verkehrsmittel oder Kulturveranstaltungen müssen endlich barrierefrei werden. Ist umfassende Barrierefreiheit im ersten Schritt nicht zu erreichen, müssen die Anbieter von Waren und Dienstleistungen zumindest verpflichtet werden, Menschen mit Behinderung im Einzelfall den Zugang durch Hilfestellungen zu erleichtern. Zum Beispiel indem sie bei einer Stufe am Eingang eine mobile Rampe anlegen oder die Speisekarte vorlesen und auf Wunsch in Leichte Sprache übersetzen. Entsprechende Regelungen gibt es etwa in den USA seit Jahrzehnten. Es ist nun an der Zeit, dass sich die Ampel-Koalition – wie im Koalitionsvertrag versprochen – auf entsprechende Regelungen einigt.“
* pm: Bundesvereinigung Lebenshilfe