Hochzeitsmarathon: Gut 30 Pop-Up-Trauungen in der Elisabethkirche

„Wir haben unvergessliche Momente geschaffen.“ Gottes Segen „to go“ gab es am Samstag (11. Mai).
„Das ist der Hammer!“ Organisator Pfarrer Ulrich Hilzinger hatte gehofft, dass die Idee einer „Pop-Up-Trauung“ im positiven Sinne einen Nerv trifft. Wie viel Begeisterung sie aber tatsächlich auslösen würde, hat ihn und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Kirchenkreis Marburg dann am Samstag (11. Mai) jedoch komplett überrascht. Eine Überraschung erlebten nicht nur die Pfarrerinnen und Pfarrer, sondern auch einige andere rund um die Elisabethkirche.
Darunter waren zum Beispiel Familienangehörige. „Ihr habt das jetzt echt gemacht, oder was?“ Ungläubiges Kopfschütteln ernteten Beate und Andreas Schliewe. Sie haben sich noch einmal getraut. Und sich einen Segen als Paar abgeholt, nachdem sie bereits seit über vierzig Jahren offiziell verheiratet sind.
„Auch Eltern machen manchmal verrückte Sachen.“ Als die beiden Marburger von der „Pop-Up-Trauung“ in der Elisabethkirche hörten, beschlossen sie: „Das machen wir.“
Und während die jüngste Tochter mit dem Hund an der Leine vor der Kirchentür wartete, ließen sich die Eltern von Pfarrerin Karin Weigel segnen. „Gott schenke euch Lachen und Freude, erhalte eure Liebe, dass sie stark bleibt und ihr gemeinsam den Weg mit ihm weitergeht.!“
Eine noch viel größere Überraschung hatten Susanne Zein und Michael Kraetke für Familie und Freunde parat. Die beiden hatten sich mit ein wenig mehr zeitlichem Vorlauf entschieden: „Wir wollen dabei sein bei dieser Pop-Up-Trauung.“ Sie haben sich angemeldet, alles geplant – und erstmal niemandem etwas gesagt bis drei Tage vorher.
„Dann haben wir eine WhatsApp-Gruppe erstellt“, berichtete Kraetke. „Und ich bin morgens erstmal fast vom Stuhl gefallen“, war die Reaktion in der Familie. Neben der Elisabethkirche wurden Fotos gemacht, die Braut trug ganz klassisch einen Schleier und alle freuten sich riesig.
„Die Stimmung ist einfach fantastisch“, bestätigte Pfarrer Hilzinger, während er das nächste Paar in die Kirche führte, von einem Besucher angesprochen wurde, was denn hier eigentlich los sei und das nächste Fernsehteam ein Interview wollte. „Was wir hier machen, ist ja ein spirituelles Angebot; und wir sind sehr glücklich darüber, dass das angenommen wird und dass es bei den Menschen offenbar ein großes Bedürfnis danach gibt“, sagte Hilzinger, der Besucher-Pfarrer an der Elisabethkirche ist.
Gemeinsam mit Karin Weigel aus Elnhausen, Alexander Donges aus Fronhausen, Gernot Schulze-Wegener aus Cappel und Ulrich Kling-Böhm vom Elisabethverein ist er den ganzen Tag im Einsatz gewesen. Zusätzlich waren für einzelne Trauungen und Segnungen noch weitere Pfarrer dabei. Unter ihnen war auch Martin Hahn von der Profilpfarrstelle für Kinder- und Konfirmand*innenarbeit im Lahntal und Dekan Dr. Burkhard von Dörnberg.
Für Vikar Florian Peter war für dieses Wochenende schon lange eine Trauung geplant. Und flugs „eingemeindet“ wurde André Flimm aus Wetter aus dem benachbarten Kirchenkreis Kirchhain. Er war nicht nur als Pfarrer im Einsatz, sondern gleich auch als Musiker.
Für Musik, Sekt und Kuchen hatten die Organisatorinnen und Organisatoren nämlich auch gesorgt. Hahn hatte fünf Jugendliche von seiner Jugendgruppe aus Fronhausen mitgebracht, die tapfer den gesamten Tag das Catering übernahmen. Verschiedene Musikerinnen und Musiker sowie ein Fotografen-Ehepaar waren im Einsatz ebenso wie mehrere Küster und zahlreiche Ehrenamtliche.
Von 10 bis 16 Uhr gab es dann gewissermaßen Gottes Segen im Akkord – für alle Paare, die sich das gewünscht haben, gleich welchen Geschlechts und gleich welcher Religion. Offiziell getraut werden konnten natürlich nur die, die bereits standesamtlich verheiratet waren und bei denen mindestens ein Partner evangelisch ist. Für alle anderen gab es aber die Möglichkeit einer Segnung oder eines Segnungsgottesdienstes.
Insgesamt mehr als 30 Paare nutzten diese Möglichkeit. Für die meisten war es tatsächlich bereits ein lange gehegter Wunsch. Auch ein älteres Paar, das extra aus Thüringen angereist war, wollte schon geraume Zeit in einer kleinen Zeremonie „Ja“ zueinander sagen, aber nicht mit Brief und Siegel, einfach nur mit Gottes Segen. Beide haben ihren Partner verloren und sind verwitwet, erzählten sie im Traugespräch mit Kling-Böhm.
Ganz kurzentschlossen hingegen kamen jeweils ein Paar aus Melsungen und aus Weilburg, das die Nachricht über die „Pop-Up-Trauung“ morgens im Radio gehört hatte und daraufhin nach Marburg gefahren war. Einmal war die Petersilienhochzeit der Anlass für ein Paar, sich nochmal zu trauen, einmal eine Silberhochzeit. Und einige haben ihre Entscheidung aus einer besonderen Lebenssituation heraus getroffen, erfuhren die Pfarrer.
Für alle, die sich vorangemeldet hatten, war ein Zeitfenster reserviert. Das gab Zeit für ein Traugespräch, wie es auch bei einer ganz „herkömmlichen“ Trauung üblich ist, anderthalb Stunden vom Beginn des Gesprächs bis zum Ende des Gottesdienstes. Spontan mal eben nur ein kurzes Gebet und einen Segen war genauso möglich. Und wenn die geplanten Trauorte im Hauptschiff und in der Oberkapelle der Elisabethkirche sowie im Michelchen bereits belegt waren – dann wurde eine Zeremonie eben auch mal im Grünen abgehalten.
Dass Liebe und der Spaß an einer solchen Aktion kein Alter kennen, bewies der älteste Bräutigam Karl-Heinz Nurtsch. Mit 94 Jahren kam er aus Wiesbaden zur „Pop-Up-Trauung“ in die Elisabethkirche, um mit seiner Frau Edel noch einmal eine Segenshochzeit zu feiern. Die Tochter und ihr Lebensgefährte folgten dem Beispiel dann gleich noch und legten nach. Nurtsch lebt schon lange nicht mehr in Marburg, erinnert sich aber noch gut daran, wie er nur ein paar Meter entfernt die erste Cola seines Lebens getrunken hat. Ein strahlendes Lächeln mit der ganzen Familie samt Hund dann für einen Pressefotografen. Und als er mitbekam, dass ein anderes Ehepaar nach über 40 Jahren Ehe ebenfalls zur Segnung gekommen war… Nur 40? „Da müssen die aber noch ein paar Jahre drauflegen“, lautete sein Kommentar. Und zum 100. Geburtstag hat eine Journalistin um ein Wiedersehen an Ort und Stelle gebeten.
2025 wird es in jedem Fall für alle Interessierten die nächste Möglichkeit geben, Teil einer „Pop-Up-Trauung“ in Marburg zu sein. Dann soll sie sogar landeskirchenweit stattfinden. Dafür dürfen schon einmal Überraschungen geplant werden.
Anfragen, ob es nicht sogar schon früher eine Neuauflage geben wird, bekommen die Beteiligten indes schon jede Menge. Dass das Klischee von „Las Vegas“ eben nicht erfüllt wurde, sondern der Fokus klar auf dem Segen Gottes lag und der aber ganz unbürokratisch „ohne großes Brimborium“ – wie ein Paar es formulierte – möglich war – das hat ganz viele begeistert. Dazu zählen auch Besucherinnen und Besucher der Kirche.
„Das ist schon meine sechste Trauung, die ich anschaue“, berichtete jemand. Das Resümee der Premiere fasste Pfarrer Donges zusammen: „Wir haben unvergessliche Momente geschaffen sowohl für die Paare, wie auch für uns selbst.“

* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg

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