Für ihr langjähriges Wirken in der Augenheilkunde hat Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies Prof. Dr. Ilse Strempel das Bundesverdienstkreuz überreicht. Die Ehrung fand am Freitag (19. April) im Rathaus statt.
Prof. Dr. Ilse Strempel hat sich in außergewöhnlichem Maße für die Menschen und die Medizin im Bereich der Augenheilkunde eingesetzt. Dafür erhielt sie nun von Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies den Bundesverdienstorden.
„Medizinische Eingriffe können komplex sein und gar nicht so einfach zu erklären; für Prof. Dr. Ilse Strempel war es aber immer eine Herzensangelegenheit, ihren Patient*innen nachvollziehbar zu vermitteln, was ihr Augenleiden bedeutet oder welche Eingriffe es gibt“, erklärte Oberbürgermeister Spies bei der Ehrung im Historischen Saal des Rathauses. „Außerdem hat sie weit über das Rentenalter hinaus gearbeitet – um ihre Patient*innen weiter zu begleiten und neue Heilmethoden für das Glaukom –
viele nennen es auch Grüner Star – zu entdecken. Für ihr herausragendes Wirken gilt Frau Prof. Dr. Strempel ein besonderer Dank.“
Strempel arbeitet seit 50 Jahren ununterbrochen am Universitätsklinikum in Marburg. Sie setzt sich überdurchschnittlich für die Erforschung neuer Heilmethoden in ihrem Fachgebiet – der interdisziplinären Glaukomtherapie –
im Bereich der Augenheilkunde ein. Durch ihr Engagement trägt sie dazu bei, vorhandene Untersuchungsmethoden zu ergänzen oder neue zu entwickeln.
Im Jahr 2012 wurde Strempel bereits die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Seitdem hat sie sich weiterhin in vielfältiger Weise ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagiert. Strempel wurde zwar im selben Jahr emeritiert, „konnte die Arbeit aber nicht sein lassen“, sagte Dr. Thomas Spies mit einem Augenzwinkern.
Sie bemühte sich also um eine Art Sonderstatus am Klinikum, sodass sie weitere zehn Jahre praktizierte. Dadurch hatte sie die Zeit, sich intensiv mit den Menschen, die zu ihr kamen, und deren Krankheitsbildern auseinanderzusetzen. So kam es nicht selten vor, dass Patientinnen und Patienten schon von Kindesalter an von ihr behandelt wurden undnun weiterhin die Gelegenheit hatten, zu ihr zu kommen. Dadurch sind besonders innige Beziehungen zwischen den Patient*innen und Strempel als Ärztin entstanden.
„Sie haben diese zehn Jahre besonders als Möglichkeit dafür verstanden, sich dem zu widmen, warum Sie Ärztin geworden sind“, stellte der Oberbürgermeister in Richtung Strempel heraus. „Unsere Medizin hat heute an vielen Stellen das Verständnis eines Umgangs, der eher mechanisch ist und nicht auf den Menschen schaut, sondern auf biologische Defizite.“ Man werde Ärztin oder Arzt und spreche dann von der „Galle von Zimmer drei“.
„Sie aber haben sich intensiv mit den Menschen beschäftigt. Mit den Menschen hinter den Krankheiten“, würdigte der Arzt Spies seine Berufskolllegin. „Darüber hinaus haben Sie mit großem Engagement für verständliche Kommunikation gewirkt insbesondere in einem extrem belastenden Moment: Wenn es um den Verlust der Sehkraft geht.“
Die vergangenen zehn Jahre hat Strempel nicht nur fürs Praktizieren genutzt, sondern auch für Aufklärung sowie das Schaffen von mehr Verständnis und Bewusstsein für die individuellen Formen und das Empfinden von Augenleiden. Strempel schafft es, besonders komplizierte Begriffe und Eingriffe einfach, verständlich und vor allem nachvollziehbar zu erklären. Sie hat bereits mehrere Bücher veröffentlicht.
Auch Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss würdigte Strempels „sehr viel von Empathie und langer Begleitung geprägten Umgang mit Patient*innen“. Herausragend sei weiter ihre Aufklärung und Kommunikation: „Universitäten sind Orte eines generationsübergreifenden Austauschs. Sie haben Ihr Wissen an viele nächste Generationen weitergegeben.“
Das Verständnis und die Vision der Philipps-Universität sei, den Menschen und der Gesellschaft Impulse zu vermitteln, damit sie den Weg von morgen in positiver Weise gestalten. Zu Strempel sagte Nauss ganz deutlich: „Sie haben diese Impulse weitergegeben auch an Patient*innen, und durch Sie war deren Welt eine bessere.“
Daneben ist Strempel Gründerin und bis heute Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Ganzheitliche Augenheilkunde. Dort hat sie sich besonders dafür eingesetzt, die ganzheitliche Augenheilkunde als Teil des Berufsverbandes Deutscher Augenärzte zu verankern. Außerdem wurden durch sie auch komplementäre Methoden wissenschaftlich bewiesen und damit in die Schulmedizin eingeführt.
„Wenn man einen Orden erhält, dann entstehen Fragen“, sagte Strempel in ihrer Dankesrede. Damit meinte sie solche nach dem Warum, oder „Warum ich?“ Denn sie schickte vorweg: „Alles, was ich tat, war für mich selbstverständlich. Das, was ich für richtig, wichtig und für notwendig halte.“
Schon als Kind und „Teenie“ in ihrer Geburtsstadt Paderborn entstand bei ihr der Wunsch, Ärztin zu werden. Ihr Idol sei immer Albert Schweitzer gewesen. Nach einem angefangenen Studium der Psychologie, das sie sehr frustriert habe, war der Medizin-Studienplatz in Marburg „ein sehr, sehr großes Glück“, erläuterte Strempel. „Das Auge als Spiegel der Seele faszinierte mich. Eine Krankheit, deren Symptome, sind immer Sprache der Seele.“
Auch ihrem Mann verdanke sie sehr viel. Er habe sie immer „unglaublich viel unterstützt“.
Strempel ist seit ihrem Studium in der Universitätsstadt Marburg zu Hause. Dort hat sie ihren mittlerweile verstorbenen Ehemann kennengelernt, ihre Kinder großgezogen und ihr gesamtes Berufsleben am Universitätsklinikum verbracht. Strempel hat sich in vielfältiger Weise, weit über ihr Rentenalter hinaus, für das Gemeinwohl engagiert.
* pm: Stadt Marburg