Die Stadt tritt der Bundesinitiative „Klischeefrei“ bei. Ihr Ziel ist, dieBerufswahl nicht am Geschlecht, sondern den Begabungen auszurichten.
Die Berufs- und Studienwahl ist nach wie vor stark von Geschlechterklischees geprägt – das hat Folgen für Einzelpersonen, die Gesellschaft und die Wirtschaft. Daher ist die Universitätsstadt Marburg als Partnerorganisation der Bundesinitiative „Klischeefrei“ beigetreten. Unter anderem werden die Mitarbeitenden der städtischen Jugendberufshilfe in geschlechtersensibler und klischeefreier Berufsberatung geschult. Damit wird zugleich eine Maßnahme im Dritten Marburger Aktionsplan für die EU-Charta umgesetzt.
„Mit unserem Beitritt als Partnerorganisation zur Bundesinitiative Klischeefrei leistet die Stadt als Kommune und Arbeitgeberin einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung eines nach wie vor aktuellen gesellschaftspolitischen Themas: Der Gleichstellung der Geschlechter“, erklärte Bürgermeisterin Nadine Bernshausen. „Ausbildungs- und Arbeitsmarktzahlen belegen, dass junge Menschen in Deutschland ihre Berufs-
und Studienwahl immer noch stark von Geschlechterklischees abhängig machen. Uns ist es wichtig, dass Berufsberatung frei von diesen Klischees ist und angehende Auszubildende und Studierende ihre Wahl an ihren Interessen, Begabungen und Stärken orientieren.“
Stadträtin Kirsten Dinnebier ergänzte: „Mit der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Maßnahme ,Gendersensible und klischeefreie Beratung von jungen Frauen am Übergang Schule-Beruf‘ im Dritten Marburger Aktionsplan für die EU-Charta soll die klischeefreie Beratung als Arbeitsprinzip in der Jugendberufshilfe verankert werden. Mit dem Beitritt der Stadt zur Initiative ,Klischeefrei‘ tragen wir außerdem zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Nachhaltigkeits-Strategie der Bundesregierung bei.“
Diese Maßnahme aus dem Dritten Marburger Aktionsplan für die EU-Charta wird von der Fachstelle Jugendberufshilfe/Jugendhilfe-Schule in Kooperation mit dem städtischen Referat für Gleichberechtigung, Vielfalt und Antidiskriminierung umgesetzt und durch den Beitritt der Stadt zur Bundesinitiative unterstützt. „Damit setzen wir eine weitere von insgesamt 47 Maßnahmen um, die im Dritten Marburger Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Charta formuliert sind“, erläuterte EU-Charta-Referentin Laura Griese vom Gleichberechtigungsreferat.
Nachdem die Stadtverordnetenversammlung (StVV) den Beitritt der Stadt zur Initiative „Klischeefrei“ beschlossen hatte, hat Bürgermeisterin Bernshausen die Beitrittserklärung nun unterschrieben. Sie sagte: „Eine geschlechtersensible und klischeefreie Berufsberatung kann dazu beitragen, dass junge Menschen die gesamte Bandbreite an Ausbildungsmöglichkeiten, Studienfächern und Berufsfeldern kennenlernen und mit diesem Wissen eine gut informierte Entscheidung für ihren beruflichen Werdegang treffen können.“
Stadträtin Dinnebier schloss sich ihr an: „Denn es geht nicht einfach nur darum, Rollenklischees aufzubrechen, sondern darum, dabei zu helfen, gesellschaftliche Schieflagen zu beseitigen. Die Mehrheit der erwerbstätigen Frauen verdient nicht nur weniger wegen Teilzeitbeschäftigung aufgrund der Kindererziehung, sondern weil sie häufig Berufe wählen, die im Vergleich zu männlich konnotierten Berufen schlechter bezahlt werden.“
Laut Anne-Kathrin Leibfried von der Fachstelle Jugendberufshilfe/Jugendhilfe-Schule gehe es während der Beratung am Übergang Schule-Beruf darum, die Vielfalt der beruflichen Wege vorzustellen und die jungen Menschen darin zu bestärken, ihre Talente und Fähigkeiten zu entdecken. „Das Team der Jugendberufshilfe berät Jugendliche und junge Erwachsenen auf Augenhöhe und hilft den Ratsuchenden dabei, sich möglichst frei von Rollen- und Geschlechterklischees beruflich zu orientieren“, erläuterte Leibfried.
Demnächst finden Fortbildungen zu gendersensibler und klischeefreier Beratung für die Fachkräfte der Jugendberufshilfe statt. Außerdem ist ein Fachtag geplant für den 23. April 2024 von 14 bis 17 Uhr mit einem Impulsvortrag und zwei parallel stattfindenden, praxisorientierten Workshops. „Zielgruppe sind Menschen, die mit jungen Menschen am Übergang von Schule und Beruf zusammenarbeiten wie zum Beispiel pädagogische Fachkräfte aus Jugendhilfe und Schule, aber auch Beratende aus anderen Rechtskreisen wie der Agentur für Arbeit oder dem Kreisjobcenter“.
Die Initiative „Klischeefrei“ ist eine Maßnahme zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Nachhaltigkeits-Strategie der Bundesregierung „Agenda 2030“. Gefördert wird sie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMsFSJ). Der Beitritt ist kostenfrei und geschieht durch die Unterzeichnung einer Vereinbarung.
Als Partnerorganisation ist die Universitätsstadt ins „Klischeefrei-Netzwerk“ aufgenommen. Dort sind neben Unternehmen, Bildungsträgern, Hochschulen, Schulen und verschiedenen Behörden auch mehr als 40 Landkreise und Kommunen vertreten. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung verpflichtet sich die Stadt Marburg unter anderem, die Ziele der Initiative sowie deren Verbreitung zu unterstützen, Fortbildungsangebote für das Personal, zu ermöglichen, damit die Mitarbeitenden einengenden Geschlechterstereotypen bei der Berufs- und Studienwahl reflektiert entgegentreten können, sowie Materialien und Medien im Zuständigkeitsbereich auf ihre geschlechtersensible Aufbereitung und Gestaltung zu überprüfen und gegebenenfalls zu überarbeiten.
Die EU-Charta ist die Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene. Sie benennt Grundsätze und Ziele für eine Gleichstellungspolitik vor Ort. Die Universitätsstadt Marburg hat die EU-Charta 2014 unterschrieben und macht damit die Grundsätze der EU-Charta zur Grundlage ihres Handelns. Zu den Grundsätzen gehören unter anderem, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern ein Grundrecht ist und die Beseitigung von Geschlechterstereotypen von grundlegender Bedeutung für die Gleichstellung ist.
Seit 2017 setzt die Stadt die EU-Charta mit eigenen Aktionsplänen um, die auf Marburg zugeschnitten sind. In diesen Aktionsplänen werden konkrete Handlungsanweisungen und Zuständigkeiten zu ausgewählten Schwerpunktthemen –
zusammen mit einem Zeitplan – formuliert. Das Referat für Gleichberechtigung, Vielfalt und Antidiskriminierung erarbeitet die Aktionspläne federführend und unter breiter Beteiligung von Stadtgesellschaft und Stadtverwaltung.
Der Dritte Marburger Aktionsplan umfasst 47 Maßnahmen und zwölf Schwerpunkte, die vom Stadtparlament beschlossen wurden. Die Laufzeit ist von 2023 bis 2025. Weitere Informationen dazu gibt es unter www.marburg.de/eu-charta.
* pm: Stadt Marburg