Zehn Jahre, nachdem ein Forschungsverbund das Genom des „Kleinen Blasenmützenmooses“ entschlüsselte, haben Wissenschaftler die verbliebenen Lücken geschlossen. Das berichtete die Philipps-Universität am Freitag (15. Dezember).
Das Team berichtet im Fachblatt „The Plant Journal“ über die Ergebnisse. Sie zeigen erstmals die Chromosomenarchitektur von samenlosen Pflanzen.
„Das Moos-Genom liegt zwischen dem der Algen und dem der Blütenpflanzen, die durch 800 Millionen Jahre Evolution getrennt sind“, erklärte Dr. Daniel Lang vom Helmholtz-Zentrum München. Er ist einer der beiden Erstautoren.
„Mit der vervollständigten Genomsequenz ist Physcomitrella endgültig zur Modellpflanze geworden“, ergänzteProjektleiter Prof. Dr. Stefan Rensing von der Philipps-Universität. Die Autorinnen und Autoren erhoffen sich davon weitere Erkenntnisse über die Evolution der Landpflanzen, aber auch Anwendungsmöglichkeiten etwa für den Pflanzenschutz.
Das Kleine Blasenmützenmoos „Physcomitrella patens“ erlaubt im Vergleich mit Samenpflanzen Rückschlüsse über die ersten Landpflanzen. Um erfolgreich zu sein, mussten sie sich an ein raues Klima mit extremen Temperaturschwankungen, mit Trockenheit, starker ultravioletter Strahlung und hoher Salzbelastung anpassen. Wenn man die dabei erworbenen Schutzmechanismen besser kennt als bisher, kann man sie vielleicht auf Nutzpflanzen übertragen und diese Pflanzen dann widerstandsfähiger gegen die negativen Auswirkungen des globalen Klimawandels machen.
„Die vollständige Entschlüsselung des Moos-Genoms ist eine elementare Voraussetzung, um die Lebensprozesse dieser einfach gebauten Pflanze zu verstehen“, erklärte der Biologe Dr. Kristian K. Ullrich, der sich die Erstautorenschaft mit Lang teilt. Mittels neuer molekulargenetischer Techniken gelang es der Forschungsgruppe, Lücken zu schließen, die vor zehn Jahren noch verblieben waren.
Die Ergebnisse erlauben tiefe Einblicke in die Evolution der Landpflanzen. Überraschungen blieben dabei nicht aus: So sind in 500 Millionen Jahren wichtige Gene in fast unveränderter Reihenfolge erhalten geblieben, die zur pflanzentypischen Zellorganisation beitragen.
Das Team fand auch heraus, dass das Kleine Blasenmützenmoos seinen gesamten Genbestand zweimal komplett verdoppelte. Mehr als die Hälfte des Genoms enthält Transposonen. Das sind Gen-Abschnitte, die ihren Platz auf den Chromosomen wechseln können. Die Forschungsgruppe identifizierte außerdem einige gigantische Viren, die fest ins Genom eingebaut sind und möglicherweise die Keimzellen der Pflanzen vor Infektionen schützen.
* pm: Philipps-Universität Marburg