Keine Kleinigkeit: Martin Thanbichler erhält ERC Advanced Grant

Prof. Dr. Martin Thanbichler bekommt den „ERC Advanced Grant“. Damit erhält der Marburger Mikrobiologe fast 2,1 Millionen Euro für die Erforschung molekularer Schalter.

Der Mikrobiologe Prof. Dr. Martin Thanbichler erhält einen ERC Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats „European Research Council“ (ERC). Das Ziel des geförderten Projekts „C-SWITCH“ ist, einen umfassenden Einblick in die Biologie von neuartigen molekularen Schaltern – sogenannten „C-Schaltern“ – zu erhalten und zu klären, auf welche Weise sie zelluläre Vorgänge steuern können. Die Fördersumme beträgt fast 2,1 Millionen Euro für fünf Jahre.
Molekulare Schalter spielen eine Schlüsselrolle bei der Kontrolle zentraler Lebensprozesse wie der Proteinbiosynthese, dem Zellwachstum, der Zytoskelettdynamik und der Zelldifferenzierung. Es handelt sich dabei um Proteine, die wie Schalter in der Elektronik zwischen zwei verschiedenen Zuständen hin und her wechseln können, um so bestimmte Vorgänge in der Zelle zur richtigen Zeit und am richtigen Ort an- oder abzuschalten. Diese Schaltvorgänge hängen von der Bindung und anschließenden Spaltung von kleinen Molekülen – sogenannten „Nukleotiden“ – ab, die den Proteinen helfen, einen bestimmten Zustand anzunehmen und ihn bis zum nächsten Schaltvorgang beizubehalten.
„Bis vor kurzem ging man davon aus, dass molekulare Schalter nur zwei Typen von strukturell nah verwandten Nukleotiden, nämlich die Purin-Nukleotide GTP oder ATP, verwenden“, erklärte Thanbichler. „Dieses Paradigma hat sich kürzlich geändert, als unsere Arbeitsgruppe zusammen mit anderen internationalen Gruppen eine vollkommen neue Klasse von regulatorischen Schaltern – sogenannte C-Schalter – entdeckte, die für ihre Funktion das Pyrimidin-Nukleotid CTP benötigen.“
Datenbankrecherchen deuten darauf hin, dass C-Schalter in der Natur in zahlreichen Variationen vorkommen und vor allem in Bakterien weit verbreitet sind. Die biologischen Funktionen und Wirkungsweisen dieser Proteine sind jedoch weitgehend unbekannt.
Im – nun vom European Research Council geförderten – Projekt „C-SWITCH“ werden Forschende sowohl bioinformatische als auch experimentelle Methoden einsetzen, um systematisch neue C-Schaltervarianten zu identifizieren. Anschließend werden sie in einem interdisziplinären Forschungsansatz klären, wie genau C-Schalter zelluläre Vorgänge steuern können, wobei moderne Techniken aus den Bereichen der Biochemie, Biophysik, Molekularbiologie und Fluoreszenzmikroskopie sowie der computergestützten Modellierung zum Einsatz kommen. Das Projekt C“SWITCH“ soll damit den Weg zu einem umfassenden Verständnis von C-Schaltern als vielseitige Regulatoren in der Biologie ebnen.
Interessanterweise findet man typische C-Schalter trotz ihrer fast universellen Verbreitung in Bakterien kaum in höheren Lebewesen. Das Projekt wird daher neben der Grundlagenforschung auch das pharmakologische Potenzial von C-Schaltern als neue Angriffspunkte für antibakterielle Therapien analysieren, um so die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung der stark zunehmenden Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika zu unterstützen.
„Die Förderung zeigt erneut die Stärke der Marburger Forschung im Bereich von Mikroorganismen, einem Forschungsfeld, das für die Zukunft der Menschheit enorme Bedeutung hat“, sagte Uni-Vizepräsident Prof. Dr. Gert Bange. „Der erfolgreiche ERC-Antrag stärkt den Profilbereich „Mikroorganismen, Biodiversität und Klima“ der Philipps-Universität. Ich gratuliere Martin Thanbichler sehr herzlich zu diesem außergewöhnlichen Erfolg auf europäischer Ebene.“
Der Vizepräsident für Forschung an der Philipps-Universität Marburg, ist selbst ERC Advanced Grantee.
Thanbichler studierte in München Biologie und wurde dort im Bereich Mikrobiologie promoviert. Als PostDoc arbeitete er an der Stanford University und befasste sich mit der Zellbiologie von Bakterien. 2009 wechselte er als Forschungsgruppenleiter nach ans Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie.
2008 wurde er Juniorprofessor und 2014 Professor für Mikrobiologie an der Philipps-Universität. Er forscht am Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) der Universität und wurde 2015 von der Max-Planck-Gesellschaft für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der mikrobiellen Zellbiologie zum Max Planck Fellow ernannt. 2017 bis 2021 war er Sprecher des Sonderforschungsbereichs „SFB-TRR 174) Räumliche-zeitliche Dynamik von bakteriellen Zellen“.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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