Vier Tage die Woche: Arbeitszeitverkürzung als Mittel gegen Fachkräftemangel

Die Vier-Tage-Woche ist in aller Munde. Zum „Tag der Arbeit“ ist diese Forderung brandaktuell.
Während Gewerkschaften am 1. Mai die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit gefordert haben, winken Unternehmerverbände eiskalt ab. Zu Zeiten des Fachkräftemangels sei diese Forderung angeblich „aus der Zeit gefallen“, erklären ihre Vertreter. Dabei ist gerade die Verkürzung der Arbeitszeit eine gute Möglichkeit, dem Personalmangel mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu begegnen.
Eine wissenschaftliche Untersuchung in Großbritannien hat ergeben, dass eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich nicht nur die Zufriedenheitder Beschäftigteen steigert, sondern auch die Produktivität. Am Ende war der Gewinn mancher Unternehmen  trotz der verkürzten Arbeitszeit sogar höher als vor ihrer Einführung. Warum also sträuben sich Unternehmensverbände dann gegen diesen möglichen Weg zur Gewinnmaximierung?
In skandinavischen Ländern wie auch bei einigen Betrieben in Deutschland hat die Vier-Tage-Woche gut eingeschlagen. Das gilt sogar für Pflegeheime, wo ihre Einführung mehr Personal erfordert. Dennoch haben sie von dieser Arbeitszeitverkürzung profitiert.
Ein Gegenbeispiel dagegen ist das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM). Die ständig steigende Arbeitsverdichtung hat hier zu einer massiven Abwanderung von Fachkräften geführt. Wären die Arbeitsbedingungen hingegen menschenfreundlich, würden wahrscheinlich einige der Abgewanderten wieder zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehren.
Doch die ideologische Verblendung derjenigen, die sich selbst in größenwahnsinniger Selbstüberschätzung als „Arbeitgeber“ bezeichnen, obwohl sie ihr Personal seiner Kräfte berauben, betrachtet die Beschäftigten immer noch als „Untergebene“. Personalmanagement missverstehen sie als Zuweisung von Arbeitsaufträgen in Schichtplänen, die die persönlichen Belange der Betroffenen und ihrer Familien kaum berücksichtigen. An dieser undemokratische Sichtweise aus dem 19. Jahrhundert halten sie trotz der veränderten Lebensbedingungen mit Zähnen und Klauen fest.
Unternehmerinnen und Unterrnehmer klagen über den grassierenden Fachkräftemangel. Aus aller Welt wollen sie geeignete Fachkräfte nach Deutschland locken. Gleichzeitig wollen sie Geflüchtete abschieeben, womit sie letztlich keine gute Werbung für eine wirkliche „Willkommenskultur“ in Deutschland machen.
Gier und Gewinnstreben sind offenbar größer als vorausschauende Vernunft. Die Technologien des 20. Jahrhunderts und die Managementmethoden des 19. Jahrhunderts sind immer noch prägend für die deutsche Wirtschaft. Im 21. Jahrhundert angekommen sind viele große Konzerne gerade in den einstigen Vorzeigebranchen noch nicht.
Der neoliberale Marktradikalismus ist die Ursache für Klimawandel und Umweltzerstörung. Die kapitalistische Gier ist menschenverachtend und umweltschädlich. Sie ist die Grundlage der Ausplünderung aller Ressourcen ohne Rücksicht auf die Folgen.
Doch das kann nicht mehr so weitergehen. Die Zerstörung der Lebensgrundlagen beraubt die Menschen ihrer Zukunft und damit auch diee Unternehmen ihrer künftigen Kundschaft. Wer nicht nachhaltig wirtschaftet, der schafft seine eigenen Profiterwartungen damit selber ab.
Somit sind Klimaschutz und Umweltschutz ebenso Bedingung für wirtschaftlichen Erfolg wie auch ein vorausschauender Umgang mit den Arbeitskräften. Darum müssen die Unternehmen ihren Umgang mit den Menschen grundsätzlich ändern. Im Endergebnis wäre Arbeitszeitverkürzung wahrscheinlich das wirksamste Mittel gegen Fachkräftemangel.

* Franz-Josef Hanke

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