Marburg tritt dem Bündnis „Gesundheit für alle in Hessen“ bei. Die Stadt unterstützt die Forderung nach einem anonymen Behandlungsschein.
Die Universitätsstadt Marburg tritt dem Bündnis „Gesundheit für alle in Hessen“ bei. Ziel des Zusammenschlusses ist die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen ohne regulären Krankenversicherungsschutz. Dafür fordert das Bündnis die Einführung eines anonymen Behandlungsscheins sowie den Aufbau von zugehörigen Beratungsstellen.
Die Vereine Medinetz Marburg und Medinetz Gießen haben das landesweite Bündnis „Gesundheit für alle in Hessen“ ins Leben gerufen. Der gemeinsame Aufruf lautet „Gesundheit ist ein Menschenrecht“. Der Arztbesuch in Deutschland ist jedoch den Vereinen zufolge von Aufenthalts- und Krankenversicherungsstatus abhängig.
Auf Krankenversicherungen spezialisierte Beratungsstellen – sogenannte Clearingstellen – gibt es nur wenige. Diese Lücke in der Gesundheitsversorgung zu schließen, ist jetzt das Ziel des neuen Bündnisses.
„Jeder Mensch sollte medizinisch gut versorgt werden, unabhängig von seiner Lebenssituation“, forderte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Daher unterstützt die Universitätsstadt Marburg mit dem Beitritt zum Bündnis die gemeinsamen Forderungen nach anonymen Behandlungsscheinen sowie landesweiten Clearingstellen.“
In Deutschland gibt es bereits vereinzelt Modelle, die meist ehrenamtlich oder auf Spendenbasis Menschen ohne Krankenversicherung helfen. Thüringen hat beispielsweise einen Anonymen Krankenschein eingeführt. In Städten wie Frankfurt am Main und Wiesbaden gibt es Clearingstellen, die Menschen ohne oder mit unzureichendem Versicherungsschutz beraten.
Solche Maßnahmen – aber staatlich finanziert – fordern Medinetz Marburg und Medinetz Gießen gemeinsam mit weiteren Vereinen jetzt flächendeckend für das Land Hessen. Dabei soll der Anonyme Behandlungsschein Hessen (ABSH) allen Menschen ohne Krankenversicherung eine angemessene Gesundheitsversorgung garantieren – unabhängig vom Aufenthaltsstatus der zu behandelnden Person. Entsprechend dem Bündnis-Konzept umfasst der Schein alle notwendigen medizinischen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und deckt die Kosten für stationäre Aufenthalte, Medikamente, Laboruntersuchungen und Sprachmittlung ab.
Für die Ausstellung der Behandlungsscheine sind laut Medinetz Marburg und Medinetz Gießen Vergabestellen vorgesehen, die in ganz Hessen eingerichtet werden. Neben dem Behandlungsschein können die Vergabestellen auch eine sozialmedizinische Beratung sowie eine Weitervermittlung zwecks aufenthaltsrechtlicher Beratung anbieten.
Außerdem ist angedacht, dass die Vergabestellen gleichzeitig auch als Clearingstellen auftreten, die bezüglich des Krankenversicherungsschutzes informieren und bei der Wiedereingliederung helfen. Die Nutzung der Beratungsangebote soll jedoch keine Voraussetzung für die Ausstellung eines Behandlungsscheins sein.
Für die Umsetzung ihres Konzepts fordern die Initiatoren von „Gesundheit für alle in Hessen“ die Einrichtung eines staatlichen Sozialfonds mit einem jährlichen Volumen von etwa 3,2 Millionen Euro. Davon sind 1,5 Millionen Euro für die Finanzierung der medizinischen Behandlungskosten vorgesehen. Knapp 1,7 Millionen Euro sind für die Errichtung von Vergabe- und Clearingstellen sowie für eine zentrale Koordinierungsstelle mit Zuständigkeit für Organisation, Evaluation, Fortbildungen und Einrichtung eines Fachbeirats gedacht.
Die Forderungen des Bündnisses sind in einer Petition an den hessischen Landtag zusammengefasst, die jede*r online unterschreiben kann, auch außerhalb Hessens. Die Petition sowie das Konzept zum Anonymen Behandlungsschein Hessen ist unter www.medinetz-marburg.de zu finden. Die Unterschriftensammlung soll im weiteren Verlauf im Rahmen einer Kundgebung beim Landtag in Wiesbaden eingereicht werden.
* pm: Stadt Marburg