Mögliche Diskriminierung: Studie untersucht Karrieren von Politologinnen

Eine Studie der Universitäten Marburg und Wuppertal zeigt Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur politikwissenschaftlichen Professur . Demnach scheitert die Gleichberechtigung lange vor der Habilitation.
Die Studie unter Federführung des Instituts für Soziologie der Philipps-Universität untersucht, welche Faktoren den Weg zur Professur in der Politikwissenschaft begünstigen. Dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Philipps-Universität und der Bergischen Universität Wuppertal Daten von über 1.400 Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftlern in Deutschland untersucht. Ein wesentlicher Fokus lag dabei auch auf der Frage, warum Frauen in der Politikwissenschaft nach wie vor unterrepräsentiert sind.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Forschungsteam in #“PLOS ONE“. Prof. Dr. Martin Schröder vom Institut für Soziologie der Philipps-Universität erläuterte die Ergebnisse: „Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen unter großem Druck. Das deutsche Wissenschaftssystem unterliegt dem Alles-oder-nichts-Prinzip. Entweder man schafft es in eine Professur; oder man ist raus.“
Die Studie hat er gemeinsam mit Prof. Dr. Mark Lutter von der Bergischen Universität Wuppertal und Doktorandin Isabel Habicht durchgeführt. „Eine wichtige Frage für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist daher, welche Faktoren erfolgversprechend sind, um eine Professur zu erlangen. Genau dieser Frage widmen wir uns. Ganz wichtig war uns dabei, auch die Chancen für Frauen in der Politikwissenschaft zu betrachten.“
Es gibt viele politikwissenschaftliche Studien, die sich mit der Rolle der Frau im politischen Geschehen auseinandersetzen. Sie widmen sich Fragen wie „Warum sind Frauen seltener Parlamentarierinnen, Parteivorsitzende oder Ministerinnen?“
Bislang sei aber unklar, warum Frauen in der Politikwissenschaft an sich weniger erfolgreich sind als Männer. „Genau darauf möchten wir eine Antwort finden““, saget Schröder.
In der Studie wurden Daten von über 1.400 Politikwissenschaftlerinnen und Politikwissenschaftlern ausgewertet, von denen 247 Männer und 109 Frauen eine Professur innehaben. Innerhalb der Studie wurden verschiedene Faktoren untersucht. Unter anderem beleuchtete sie die Zeit seit der ersten Publikation oder seit der Habilitation, internationale Aufenthalte, Abschlüsse und Auszeichnungen, Drittmittel oder auch die Elternschaft.
Die Daten zeigen, dass sowohl die Anzahl als auch die Qualität von Publikationen eine wichtige Rolle für den akademischen Erfolg in der Politikwissenschaft spielen. „Kann eine Kandidatin oder ein Kandidat viele Publikationen in renommierten Fachzeitschriften vorweisen, trägt das erheblich zur Legitimierung einer Professur bei“, erläuterte Schröder. „Doch unsere Ergebnisse zeigen auch, dass nicht nur die Produktivität eine Rolle spielt.“
Damit schlägt die Studie in eine Kerbe, die vielen Sorgen bereitet. Zählt im Wissenschaftssystem am Ende nur noch, wer am meisten Geld und Prestige mitbringt?
„Ja, Forscherinnen und Forscher, die Geld mitbringen, sind wünschenswertere Kandidatinnen und Kandidaten“ stellte Schröder fest. „Eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Beispiel signalisiert Potenzial für zukünftige Forschungsergebnisse. Auch das Prestige einer Promotion an einer renommierten internationalen Universität beispielsweise spielt eine Rolle.“
Das gelte aber tatsächlich vor allem für ausländische Universitäten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihren gesamten Karriereweg an einer oder mehreren deutschen Exzellenzuniversitäten absolvierten, mindern sogar ihre Chance auf eine politikwissenschaftliche Professur.
Das sei „eine überraschende Erkenntnis, die wir in jedem Fall in weiteren Studien weiter untersuchen möchten“, erklärte Schröder. Belege für die Benachteiligung von Frauen bei der Besetzung von Professuren in der Politikwissenschaft konnten Schröder und sein Team nicht finden. Im Gegenteil haben Frauen mit vergleichbarer Produktivität 32 Prozent höhere Chancen, eine Professur zu erhalten als Männer.
Doch was erklärt dann, dass es wesentlich weniger Professorinnen gibt als Professoren? „Unsere Daten legen nahe, dass Frauen den Wissenschaftsbetrieb verlassen, bevor sie überhaupt für eine Professur in Frage kommen“, berichtete Schröder. „Zur Förderung von Frauen in der Politikwissenschaft sollte man sich also auch darauf konzentrieren, warum Frauen die Wissenschaft verlassen, anstatt anzunehmen, dass sie bei der Besetzung von Professuren benachteiligt werden.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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