Studis springen ein: Einzigartiges Kooperationsprojekt sichert Kinderbetreuung

Eine landesweit einzigartige Zusammenarbeit hat die Stadt Marburg initiiert. Studierende helfen bei der Kinderbetreuung.
Um die Kinderbetreuung auch in Corona-Zeiten aufrecht zu erhalten, hat die Stadt die Philipps-Universität und die Käthe-Kollwitz-Schule (KKS) um Unterstützung gebeten. Die ersten Studierenden wurden bereits an Einrichtungen vermittelt, um dort auszuhelfen.
„Wir sind außerordentlich dankbar für die Unterstützung durch die Philipps-Universität und die Käthe-Kollwitz-Schule“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Der Fachdienst Kinderbetreuung hatte sich gemeinsam mit ihm und Stadträtin Kirsten Dinnebier an diese beiden Ausbildungsinstitutionen mit der Bitte um Unterstützung gewandt. „Die Zahl der Rückmeldungen war überwältigend“, berichtete die Stadträtin.
„Auf unseren Aufruf an die Studierenden haben wir in kürzester Zeit so viele Interessen-Bekundungen erhalten“, ist die Kinder- und Jugenddezernentin nach wie vor beeindruckt. „Mit einer derartigen Anzahl haben wir nicht gerechnet.“ Diese neue Kooperation von Stadt, Uni und KKS trägt zur Krisenintervention und zur Sicherstellung der Kinderbetreuung in Corona-Zeiten bei speziell jetzt im Herbst und Winter.
Die Anfrage zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung richtete sich vor allem an Studierende des Fachbereichs Erziehungswissenschaften an der Philipps-Universität und an angehende Erzieher*innen während der Ausbildung an der KKS. „Der Aufruf erinnert an den bundesweiten Aufruf im Frühjahr, als die Kliniken Medizinstudierende um Unterstützung baten“, sagte der Oberbürgermeister.
„Ziel ist, die Kinderbetreuung in Marburg sicherzustellen“, erläuterte Dinnebier. Konkret umfasst das die Betreuung der fast 3.000 Kinder im alter von einem bis sechs Jahre in allen 54 Kindertageseinrichtungen in Marburg. 18 davon sind in Trägerschaft der Stadt, 36 in freier Trägerschaft.
Die Aktion soll einem möglichen Personalmangel im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entgegenwirken. Für die Studierenden der KKS erfolgt dieser Einsatz nur außerhalb der regulären Unterrichtszeit auf freiwilliger Basis. Die zuständige Abteilungsleiterin Sonja Jochmann von der KKS informiert die Studierenden dazu entsprechend.
„Gemeinsam mit dem Familienservice der Universität habe ich gerne den Kontakt zum Fachbereich Erziehungswissenschaften hergestellt, um die Kooperation schnell auf den Weg zu bringen“, berichtete Prof. Dr. Sabine Pankuweit. Sie ist Vizepräsidentin für Gleichstellung und wissenschaftlichen Nachwuchs an der Philipps-Universität.
Für die Universität hat Prof. Dr. Jörg Bietz als Studiendekan und dann Dr. Iris Männle vom Fachbereich Erziehungswissenschaften gemeinsam mit der Stadt die Umsetzung der Kooperation erarbeitet. Dazu gehört auch, dass die Universität den Einsatz Studierender in der Pandemie honoriert. „Für die beiden Bachelor-Studiengänge ,Erziehungs- und Bildungswissenschaft‘ sowie ,Bewegungs- und Sportwissenschaft‘ rechnet die Philipps-Universität den Einsatz auf das (Pflicht-)Praktikum an“, erläuterte Dr. Iris Männle.
Um Kinder und Erziehungskräfte in den Betreuungseinrichtungen bestmöglich zu schützen und Schließungen kompletter Einrichtungen zu vermeiden, hat die Expertengruppe „Kita und Covid-19“ weiterhin in allen Einrichtungen der Stadt – ob in städtischer oder freier Trägerschaft – neben den Hygiene- und Abstandsregeln auf konsequent getrennte Gruppen gesetzt. Mit diesem Prinzip wird jedoch auch mehr Personal benötigt.
„Doch wir befürchten, diese hohe Anzahl an benötigtem Personal nicht dauerhaft halten zu können – erst recht nicht über die Wintermonate“, erläuterte Stefanie Lambrecht vom städtischen Fachbereich Kinder, Jugend und Familie. Vermehrte Krankheitsfälle, die für diese Jahreszeit üblich sind, eine steigende Anzahl an ausgesprochenen Quarantänen und Personal, das nicht in den Einrichtungen eingesetzt werden kann, weil es zu Risikogruppen gehört, könnten Engpässe in der Kinderbetreuung verursachen.
„Für die Eltern wäre es eine extrem hohe Belastung und erneute immense Herausforderung, wenn die Kinderbetreuung noch einmal eingeschränkt werden oder komplett wegfallen würde“, weiß Fachbereichsleiterin Lambrecht. Neben der Schwierigkeit, sowohl der Betreuung des eigenen Nachwuchses als auch den beruflichen Verpflichtungen weiterhin nachzukommen, sollen auch familiäre Problemlagen vermieden werden. Im Zusammenhang mit der Kriseninterventionsplanung wurde schließlich die Idee entwickelt, Studierende aus den Ausbildungsinstitutionen um Unterstützung zu bitten.
Für diese Möglichkeit gibt es eine gesetzliche Grundlage. Dabei handelt es sich um die Zweite Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 13. März 2020, wonach mit Zustimmung des Jugendamtes außer den Fachkräften – nach Paragraf 25b des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuchs – weitere Personen in einer Kindergruppe mitarbeiten können.
„Hilfreich sind natürlich auch Erfahrungen im Umgang mit Kindern, gerne aus den unterschiedlichsten Bereichen“, sagte Angela Stefan vom städtischen Fachdienst Kinderbetreuung. Auch bereits vorhandener Masernschutz und ein erweitertes Führungszeugnis tragen dazu bei, dass die Einsätze sehr zeitnah erfolgen können.
Die Bewerbungen gehen an den Fachdienst Kinderbetreuung, werden dort geprüft und koordiniert für alle Kita-Träger. Die Studierenden können als Honorarkräfte, geringfügig Beschäftigte oder mit einem befristeten Vertrag – je nach Qualifikation – beschäftigt werden.

* pm: Stadt Marburg

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