Wechsel im Verständnis: Wie verändern digitale Bilder die Gesellschaft

Wie verändert das digitale Bild die Gesellschaft? Das DFG-Schwerpunktprogramm „Das digitale Bild“ erforscht Auswirkungen digitaler Bilder bei einem Workshop in Marburg.
Was ist ein digitales Bild? Und wie verändert es unsere Sehgewohnheiten, unser Handeln, unsere Denkstrukturen? Diesen Fragen geht das Projekt „Das digitale Bild“ nach. Es wird als Schwerpunktprogramm von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Bei einem Workshop in Marburg sollen im November Fragen zur Methodik und Methodologie diskutiert werden. Das Projekt“Das digitale Bild“ vereint Kompetenzen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Fachbereichen und bezieht gleichzeitig Berufsfelder wie Architektur, Medizin, Marketing oder Programmierung in die Forschung ein.
Digitale Bilder sind längst in unserem Alltag angekommen. Aber wie verändert zum Beispiel das Bildbearbeitungsprogramm „Photoshop“ unsere Wahrnehmung und auch das handwerkliche Designen – und zwar von der ersten Version bis heute. Das ist eines von insgesamt 12 Forschungsthemen im Gesamtprojekt.
Ein anderes Unterprojekt stellt die heutige Art zu Entwerfen zur Diskussion. Architektur arbeitet heute selbstverständlich mit digitalen Zeichenprogrammen – und das verändert die Entwürfe und deren Ausführungen drastisch.
In diesem Projekt arbeiten Expertinnen und Experten aus der Kunstgeschichte und der Architektur zusammen. Aber es geht auch um ganz allgemeine Fragen: Gibt es überhaupt „das“ digitale Bild?Wo fängt digital an und wo hört es auf?
Dazu sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland im Projekt „Das digitale Bild“ im Austausch. Inzwischen ist der Alltag von digitalen Bildern geprägt, ob durch die Nutzung digitaler Werkzeuge und Web-Konferenzen (durch die Corona-Pandemie verstärkt), oder durch Handy-Fotos vom Urlaub.
Prof. Dr. Hubertus Kohle stellt seiner Fachrichtung Kunstgeschichte seit Jahren die Digitalitätsfrage. Ansässig an der Ludwig-Maximilians Universität München war er einer der Ersten, der sich für das Themenfeld interessierte und engagierte. Nun ist er maßgeblicher Initiator und einer der beiden Sprecher des Programms „Das digitale Bild“.
„Wir leben heute in einer Welt, die ohne Digitalität gar nicht mehr funktionieren würde“, stelle Kohle fest. „Es ist daher unsere Pflicht, dieses gesellschaftliche Struktursystem zu untersuchen. Wir kennen alle den Satz ,Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte‘ – ein digitales Bild sagt dagegen mehr als 10.000 Worte, denn es wird ja sofort weiter verbreitet, seinem Kontext enthoben, neu interpretiert oder inszeniert.“
Es gebe kaum noch Beschränkungen, selbst beim Bildrecht würden Grauzonen ausgenutzt, erklärte Kohle mit Hinweis den Begriff der „Fake News“.
„Diese gehen im Übrigen in der Regel mit Fake Images einher“, erklärte Kohle. „Denn wir glauben noch immer eher das, was wir sehen. Das ist aber fatal bei den heutigen Möglichkeiten einer Bildbearbeitung.“
Der zweite Sprecher des Schwerpunktprogramms ist Prof. Dr. Hubert Locher von der Philipps-Universität. Er setzt sich seit Jahren mit den Auswirkungen der Digitalität auf Fotografie auseinander.
„Wir sind alle in der digitalen Vernetzung längst als kleine Zahnrädchen eines großen Uhrwerks integriert“, erläuterte er. „Das fängt beim Privatgebrauch des Handys an, findet seinen Weg in sämtliche Kreativbranchen, aber auch in Politik und Wirtschaft, und lässt uns natürlich auch in unseren jeweiligen wissenschaftlichen Fachdisziplinen nicht aus.“
Locher ist Direktor des „Deutschen Dokumentationszentrums für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg. „Die Geisteswissenschaften haben bisher diese Entwicklung vielleicht zu passiv mitverfolgt“, kritisiert er. „Jetzt aber ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir uns in die Diskussion einbringen und fragen müssen, was das digitale Bild ist und sein könnte –
und was es im Speziellen aber auch im Allgemeinen mit uns als Gesellschaft und als Menschen macht.“
Der Workshop findet von Donnerstag (12. November) bis Freitag (13. November) in Marburg statt. Er ist der erste einer Reihe. Bei ihm geht es zunächst vor allem um Methodik und Methodologie bei der Erforschung des digitalen Bilds.
Wegen der Corona-Pandemie findet der Workshop überwiegend online statt und ist allen Interessierten nach Anmeldung zugänglich. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den beteiligten Projekten und einige Expertinnen und Experten werden vor Ort sein oder online zugeschaltet. Weitere Informationen sowie die kostenlose Anmeldung gibt es unter www.digitalesbild.gwi.uni-muenchen.de/workshop-methodik-und-methodologie/.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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