Bessere Luft ist das Ziel des „Green-City-Plans“, den die Stadt derzeit erstellt. Mit einem Katalog von Maßnahmen soll die Stickoxid-Belastung gesenkt werden.
Finanzielle Unterstützung gibt es dafür aus dem „Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020“ der Bundesregierung. Bis August soll der Marburger Plan stehen. Mit der Luftverbesserung angefangen wird aber schon vorher.
„Wir wollen die Mittel aus dem Bundesprogramm dafür nutzen, die Luftqualität in Marburg schneller als bisher möglichst entscheidend zu verbessern auch mit kurzfristig realisierbaren Maßnahmen“, kündigte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies an. Für den Bund gehe es mit dem Sofortprogramm in erster Linie darum, Fahrverbote für Dieselautos zu verhindern.
„Uns geht es darüber hinaus vor allem um die Gesundheit der Menschen“, erklärte das Stadtoberhaupt. „Sie hat einen ganz entscheidenden Stellenwert. Der neue Masterplan ordne sich da „in unser kontinuierliches Engagement für gute Luft in Marburg ein“, erklärte Spies.
In sechs großen Themenfeldern will die Stadt mit dem „Green-City-Plan“ den Stickoxiden in der Marburger Atemluft auf den Leib rücken. Dabei geht es um den Auf- und Ausbau von intelligenten Verkehrsinformationssystemen für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), Autos und Radverkehr, um intelligente vernetzte Mobilitätsdienste, Radverkehr, eine Elektrifizierung des Verkehrs, urbane Logistik und öffentliche Flotten.
Alle Themen haben mit dem motorisierten Straßenverkehr zu tun. Er ist die Hauptursache für die Schadstoffe in der Luft.
Seit Jahren setzt sich die Stadt schon mit großem Engagement für mehr umweltgerechte Mobilität ein. Trotzdem gehört sie zu den Städten mit der höchsten Stickoxid-Belastung in Deutschland. Deshalb gehört Marburg auch zu den 60 deutschen Städten, denen die Bundesregierung mit ihrem milliardenschweren Sofortprogramm beim Kampf gegen die Stickoxide finanziell unter die Arme greift.
Geld gibt es aber nicht nur für die Strategie, mit der Marburg die Luft in der Stadt deutlich schadstoffärmer machen will, sondern auch für die Projekte selbst. Sie sollen möglichst rasch möglichst zuverlässig und nachhaltig das gewünschte Resultat bringen.
„Wir freuen uns schon über den ersten Teil des Geldes für unseren Green-City-Plan“, sagte Bürgermeister Wieland Stötzel, der den Förderbescheid für die Konzepterstellung kurz vor Weihnachten in Berlin abgeholt hat. „Wir werden noch weitere Mittel aus dem Gesamttopf beantragen, um konkrete Maßnahmen auch schon kurzfristig auf den Weg zu bringen und umsetzen zu können, damit die Luft dauerhaft besser wird“.“
Insgesamt elf Förderprogramme hat die Bundesregierung unter dem Dach von „Saubere Luft 2017-2020“ zusammengefasst. Unter welchem Zeitdruck die Stadt im Herbst zwischen den verschiedenen „Dieselgipfel-„Runden in Berlin „zuerst den Antrag auf eine Antragstellung und dann innerhalb von 14 Tagen den Antrag selbst“ auf den Weg brachte, um die Fördermittel zu bekommen, schilderte Jochen Friedrich vom städtischen Fachdienst Umwelt- und Naturschutz, Fairer Handel und Abfallwirtschaft.
„Unser Vorteil war, dass wir ohnehin schon viel tun für eine Minderung der Emissionen im Verkehr“, erläuterte der Fachdienstleiter. „Darauf konnten wir zurückgreifen.“
Friedrich verwies unter anderem auf Bus- und Radverkehrsbeschleunigung durch intelligente Ampelschaltung, Parkleitsystem, Sharing-Angebote für Autos und Fahrräder oder die Umstellung auf E-Mobilität, bei der die Stadt mit gutem Beispiel vorangeht: 50 Prozent der Fahrzeuge der Stadtverwaltung sind E-Autos. Die Dienstwagen des Oberbürgermeisters und des Bürgermeisters sind Hybrid-Autos, die auf Kurzstrecken in der Stadt ausschließlich mit Strom betrieben werden.
Trotzdem gibt es noch viel zu tun zum Beispiel in der Frage der emissionsfreien, aber leistungsstarken Verkehrsverbindung auf die Lahnberge oder des Lieferverkehrs. Gerade er trägt nicht unwesentlich zur hohen Schadstoffbelastung in Marburg bei.
„Machen dezentrale Güterverteilzentren für unsere Stadt Sinn, bei denen der Warenverkehr außerhalb oder zumindest am Rand der Stadt zentral ankommt und vor dort dezentral mit kleineren E-Fahrzeugen weiterverteilt wird?“ Das ist nach Aussage von Stadtentwicklungsplaner Dr. Stefan Blümling eine der strategischen Fragen, die im Rahmen der Masterplan-Studie untersucht werden.
Aber Marburg muss nicht bis zur Fertigstellung der Studie im Sommer warten, um Mittel für Maßnahmen zur Schadstoffminderung zu bekommen. Auch schon während der Konzepterstellung für den „Green-City-Plan“ können Anträge gestellt werden zum Beispiel für das Programm zur „Förderung der Anschaffung von Elektrobussen im ÖPNV“.
Bis zu 80 Prozent der Mehrkosten für Batteriebusse gibt es als Zuschuss, wenn ein teurerer Elektrobus statt eines vergleichbaren EURO-VI-Diesel-Busses angeschafft wird. Bei Plug-In-Hybridbussen sind es 40 Prozent Zuschuss für die Mehrkosten, berichtete Blümling. Weitere Förderprogramme können noch kommen.
„Im Moment gibt es eine unglaubliche Dynamik“, stellte der Stadtentwicklungsplaner fest. „Wir stehen in der Frage in permanentem Austausch mit dem für uns zuständigen Lotsen. Diese Lotsen wurden eigens von den am Sofortprogramm beteiligten Ministerien zur Unterstützung der Kommunen eingesetzt“, berichtete Blümling.
Dass alle Pläne, Studien, Fördermittel und Maßnahmen nur dann zum gewünschten Erfolg – besserer Luft – führen, wenn die Marburgerinnen und Marburger selbst mitmachen, betonen Oberbürgermeister Spies und Bürgermeister Stötzel. Dass sie weniger – oder zumindest weniger allein – im Auto in der Stadt unterwegs sind, dafür mehr Bus oder Rad fahren sowie öfter zu Fuß gehen, „dafür wollen und müssen wir Überzeugungsarbeit leisten und die Menschen gewinnen“, erklärte Spies.
* pm: Stadt Marburg