Der Welt geht es besser, als viele glauben. Bei dieser Aussage blickt der Marburger Soziologe Prof. Dr. Martin Schröder auf die Fakten.
Die Daten widersprechen dem Krisengerede: Die Wahrscheinlichkeit, in der Badewanne zu ertrinken, ist doppelt so hoch wie die Gefahr, Opfer eines Terroranschlags zu werden. Das sollte aber niemanden davon abhalten, zu baden; vielmehr sollten sich viele ermutigt fühlen, Statistiken zur Kenntnis zu nehmen.
Die Fakten zeigen eine Welt, die bei Weitem nicht so schlecht ist, wie die meisten meinen. Nachzulesen ist das im aktuellen Buch des Marburger Soziologen Schröder mit dem Titel „Warum es uns noch nie so gut ging und wir trotzdem ständig von Krisen reden“.
Kassandrarufe taugen nichts, aber sie wirken. Freilich nutzen sie nur als Ansporn zum Umsteuern, nicht aber als wirklichkeitsgetreue Lagebeschreibungen. Denn nie war die Welt besser als heute, sagt Schröder.
„Noch nie hat ein so großer Anteil der Menschheit ein so langes, sicheres und zufriedenes Leben geführt“, erklärt der wissenschaftliche Faktenchecker. Dennoch sei allerorten von Krisen die Rede. Dass dafür kein Grund vorhanden ist, macht der Soziologe von der Philipps-Universität auf anschauliche Weise deutlich.
Wenn Kulturkritiker den Zustand der Welt beklagen, beziehen sie sich meist nicht auf messbare Fakten. Schröder setzt den Untergangsszenarien harte Daten entgegen.
„Natürlich ist es richtig, über Probleme zu berichten“, schreibt der Soziologe; aber „wer kümmert sich stärker um die Verbesserung der Welt: Jemand, der glaubt, dass sowieso alles den Bach runtergeht? Oder jemand, der weiß, dass reale Fortschritte möglich sind?“
Um seine Zuversicht zu belegen, zitiert Schröder eine Vielzahl von Studien, diskutiert Fallbeispiele, erläutert Statistiken und illustriert sie durch Grafiken. Er zieht dutzende Indikatoren zu Wohlstand, Demokratie, Gewalt und Lebensqualität heran, um das weit verbreitete Vorurteil zu widerlegen, alles werde immer schlimmer.
„Das heißt nicht, dass man nicht auf Warnungen eingehen kann“, konzediert der Autor. „Aber zumindest sollte man überlegen, ob diese Warnungen auf guten Daten basieren“. Den falschen Propheten hinterherzulaufen, könne tödlich sein.
So hielt nach dem 11. September 2001 die Angst vor dem Terror die Leute in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) davon ab, mit dem Flugzeug zu reisen. Die traurige Folge war, dass viele Menschen auf langen Autofahrten ums Leben kamen. Das waren schätzungsweise sechsmal mehr, als beim Anschlag auf das „World Trade Center“ (WTC) starben.
Schröder nimmt sich zunächst die Lage in der Bundesrepublik vor. Das tut er etwa anhand von Statistiken über Kaufkraft, Kriminalität und Umweltverschmutzung. Im zweiten Teil betrachtet er die Verbreitung von Armut, die Häufigkeit von Kriegen und vieles mehr im globalen Maßstab.
Manches in diesem Buch wird provozieren, vor allem aber wird vieles überraschen. So verhält es sich auch mit der Anekdote, die Schröder über den Übervölkerungs-Apokalyptiker Paul Ralph Ehrlich zum Besten gibt: Demnach nahm der US-amerikanische Hochschullehrer im Jahr 1980 eine Wette des Ökonomen Julian Simon an, der behauptete, Rohstoffe würden immer billiger. Ehrlich hielt dagegen. Doch „das Einzige, was immer teurer wurde, war der Scheck, den Ehrlich für Simon ausstellen musste“.
Warum aber herrscht in der öffentlichen Wahrnehmung Untergangsstimmung, wenn die Lage doch so gut ist? Schröder führt eine Reihe von Gründen an, weswegen die Menschen dazu neigen, schwarz zu sehen. In ihrem Pessimismus seien sie „messbar dümmer als Schimpansen“, die Zufallstipps abgeben.
Der Soziologe sieht Politik und die Medien in der Pflicht, aktuelle Probleme in den längerfristigen globalen Trend einzuordnen. Er empfiehlt, mehr über Fakten zu berichten und übertriebenen Erwartungen vorzubeugen.
Man solle Aussagen stets danach beurteilen, ob sie mit Daten belegt seien. „Pessimisten beherrschen die Schlagzeilen“, erklärte der Soziologe. „Optimisten behalten Recht.“
Schröder lehrt Soziologie der Wirtschaft und Arbeit an der Philipps-Universität. In seiner Forschungsarbeit untersucht er empirisch, wie Gerechtigkeits- und Moralvorstellungen wirtschaftliches und politisches Handeln beeinflussen.
* pm: Philipps-Universität Marburg