Belehrungen: Harald Lesch begeisterte gut 800 Zuhörende

„Da draußen ist weit und breit fast nichts“, beschrieb Prof. Dr. Harald Lesch etwas überspitzt das Universum. „Eigentlich ist das stinklangweilig.“
Trotzdem waren am Dienstag (5. Juni) gut 800 Interessierte in die Universitätskirche gekommen, um dem Astrophysiker von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zuzuhören. Im Rahmen der „Lectio Philippina“ präsentierte er dort „Nachrichten vom Rande des Universums“. Oberkirchenrat Rüdiger Glufke untermalte Leschs Aussagen zwischendurch mit kongenialen musikalischen Zwischenspielen auf der Orgel.
„Das Universum dehnt sich immer weiter aus“, erklärte Lesch. Inzwischen habe man berechnen können, wann es durch einen Urknall entstanden ist. Dazu nannte er eine unvorstellbar große Zahl an Jahren.
Ebenso schwer vorstellbar ist jene kleinste Zahl, mit der sich physikalisch sinnvoll eine Länge oder eine Wirkung beschreiben läßt. Heiter erklärte Lesch dem überwiegend studentischen Publikum auch, wie der Nachweis der – von Albert Einstein in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie dargestellten – Gravitationswellen durch kleinste Abweichungen elektromagnetischer Signale erbracht wurde.
„Wenn jemand selbst findet, was er sich ausgedacht hat, dann hat das etwas Fischiges“, meinte Lesch. Ganz anders sei das, wenn jemand eine Theorie bestätigt, der von ihr gar keine Ahnung hatte.
Belustigt berichtete er von zwei amerikanischen Radiotechnikern, die ständig merkwürdige Signale in der Antenne hatten, die sie sich nicht erklären konnten. Astrophysiker jedoch merkten auf, als sie die Berichte der beiden hörten: die beiden Radiotechniker hatten die bereits theoretisch vorhergesagte elektromagnetische Strahlung gefunden, die das ganze Universum als „Echo“ des Urknalls seit dem Zeitpunkt erfüllt, als das Licht sich ungehindert ausbreiten konnte.
Geradezu kabarettreif legte Lesch einen Parforceritt durch die Erkenntnisse der Astrophysik hin. Lachen und Beifall des Publikums waren ihm dabei sicher. Unterhaltsam und mitunter auch ein wenig süffisant warf er mit Zahlen, deren Größe oder Winzigkeit sowie Schlussfolgerungen daraus um sich.
Gekonnt improvisierte Glufke zwischendurch auf der Orgel Medleys aus Klassischer Musik, bekannten Volksliedern und Popsongs. Meist hatten sie das Thema Raumfahrt, Sterne oder Mond zum Gegenstand.
Als zwischendurch ein Handy störte, erklärte Lesch dieses Gerät zu einer Folge der physikalischen Forschung. Vor 20 Jahren hätten nur Ärzte oder Krankenpflegekräfte Signalgeber mit in Veranstaltungen genommen: „Dann ging es auch immer um Leben und Tod. Heute unterbrechen wir alles wegen eines Handys und tun dabei, als ginge es um Leben und Tod.“
Die Kritik am Umgang mit der Technik und Erkenntnissen der Wissenschaft war dann auch Lechs eigentliches Motiv für den Vortrag: „Wenn man vom Universum redet, kommen viele“, erklärte er. „Schlussfolgerungen für den eigenen Alltag ziehen aber nur wenige aus wissenschaftlichen Erkenntnissen.“
Dabei sei inzwischen klar, dass es universelle Naturgesetze gibt. Sie setzten der Ausdehnung ebenso Grenzen wie einer Verkleinerung von physikalischen Elementen. Diese Naturgesetze erklärten Klimawandel und die Gefahr der Atomtechnik ebenso wie andere Phänomene der Natur.
„Meine Generation hat versagt“, stellte Lesch unter Verweis auf die vielen „Elterntaxis“ zur Schule fest. „Wir hätten alles wissen können.“ Doch dieses Wissen werde zuwenig in Handeln umgemünzt, erklärte Lesch.
Aus der schier unendlichen Weite des Universums leitete der Astrophysiker klare Forderungen für den alltäglichen Umgang mit dem eigenen Lebensumfeld ab. Plastik und Abgase möglichst zu vermeiden, begründete er mit der Aufforderung Ciceros, jede Entscheidung von ihrem Ende her zu bedenken.
Zum Schluss seines Vortrags erläuterte Lesch die Gründe, warum die Menschheit nur dank des Monds entstehen konnte. Ebenso „zufällig“ könne sie auch jederzeit wieder ausgelöscht werden, warnte er.
Eine Gefahr sieht Lesch in der sogenannten „Künstlichen Intelligenz“ (KI). „Künstliche Intelligenz hat mit Intelligenz nichts zu tun“, erklärte er. „Die Central Intelligence Agency ist auch keine zentrale Agentur für Intelligenz.“
Mit tosendem Applaus bedankten sich die Anwesenden am Ende bei Lesch und seinem Freund Glufke sowie Prof. Dr. Karl Pinggéra von der Hessischen Stipediatenanstalt „Collegium Philippinum“, der die beiden eingeladen hatte. Ihr kurzweiliger Blick zu den Sternen sollte letztlich den Blick auf die eigene Erde schärfen, damit unbestreitbare Erkenntnisse der Wissenschaft nicht aus Überheblichkeit und Großmannssucht beiseite geschoben werden.

* Franz-Josef Hanke

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